Architektur, Freiflächen und Mobilität
Die Wohnanlage umfasst 132 Wohneinheiten, verteilt auf fünf rechteckige Baukörper, die in der Höhe von Norden nach Süden abgestuft sind. Die Fassade ist als klassische Lochfassade gestaltet, während größere Fensterflächen in den Loggien platziert wurden, die vor sommerlicher Überhitzung geschützt sind. Die Brüstungen bestehen aus Streckmetall, welches auch in der Gestaltung der Erdgeschosszonen wieder aufgegriffen wurde.
Bei der Anordnung der Gebäude wurde besonderer Wert auf eine lockere Bebauung gelegt, die großzügige Freiräume zwischen den Baukörpern ermöglicht. Geschwungene Wege verbinden verschiedene Platzbereiche und die einzelnen Baukörper miteinander.
Die Vorgabe von 53 oberirdischen Stellplätzen wurde erfüllt, wobei darauf geachtet wurde, die Stellplätze in den Freiflächen auf ein Minimum zu reduzieren, um mehr Raum für Aufenthaltsflächen zu schaffen. Zusätzlich befinden sich unter vier Gebäuden jeweils 15 Tiefgaragenplätze. Zur Förderung der klimafreundlichen Mobilität wurden auf dem gesamten Gelände den klimaaktiv Kriterien entsprechende (überdachte, ästhetisch ansprechende) Fahrradabstellplätze für 132 Fahrräder sowie ein öffentlicher Radweg parallel zur angrenzenden Straße errichtet. Von der Gemeinde wurde am Grundstück eine neue Bus-Haltestelle für den öffentlichen Verkehr im Norden des Areals errichtet. Zusätzlich wurde die Linie 5 der Innsbrucker Straßenbahn verlängert, um den Bewohnern eine rasche Anbindung zu Stadtzentrum und Hauptbahnhof zu ermöglichen.
Das Gebäude wurde in Stahlbetonmassivbauweise mit Vollwärmeschutz und mit hochwertigen Kunststoff-Alufenstern ausgeführt. Die Wände und Decken der Loggien wurden als hinterlüftete Fassade mit großformatiger Bekleidung ausgeführt. Großer Wert wurde auf eine möglichst wärmebrückenarme Ausführung der thermischen Hülle gelegt, was vor allem durch die konsequente Umsetzung der Fenstervorwandmontage, die thermische Entkopplung der Balkone mittels Isokörben und die Verwendung einer wärmebrückenfreien Flatpor-Attika erreicht wurde. Im Innenausbau wurden hochwertige Parkettböden sowie PVC-freie Wandanstriche und Jalousien verwendet, um ein emissionsarmes und gleichzeitig gesundes Wohnen zu ermöglichen. Auch bei den Wasser- und Abwasserleitungen wurde auf PVC-haltige Produkte verzichtet.
Erneuerbare Energieversorgung
Das Ziel des „Passivhaus Plus“-Standards besteht darin, am eigenen Gebäude so viel erneuerbare Energie zu erzeugen, wie für den Betrieb benötigt wird. Heizung, Warmwasser und Komfortlüftung können so regenerativ netto null gedeckt werden. Und es bleibt sogar noch etwas Strom übrig. Dank eines Mieterstrommodells haben die Mieter:innen der "Steinbockallee" die Möglichkeit, vom selbst erzeugten Sonnenstrom direkt zu profitieren.
Dank einer speziellen Flachdach-Unterkonstruktion, die es ermöglicht, sämtliche Installationskanäle gebündelt durch die Dachhaut zu führen, konnte die Dachfläche optimal für Photovoltaik-Module genutzt werden. So wurden mehr als 700 m² Modulfläche realisiert, die im Betriebsjahr 2023/24 eine Ertragsleistung von über 171.000 kWh erzielten.
Damit der Sonnenstrom auch nachts für die Haustechnik zur Verfügung steht, wurden umweltfreundliche Salzbatterien. Weiters wurde eine hocheffiziente Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung eingebaut.
Durch die hohe Energieeffizienz des Gebäudes kann die Niedertemperatur-Raumheizung über den Fernwärmerücklauf betrieben werden, während die Abwärme der Tirol-Kliniken durch Wärmepumpen der Tigas zu 100 % regenerativ genutzt wird.
Die Warmwasserversorgung erfolgt dezentral in den Wohnungen über Wärmepumpenboiler, welche über eine Vorrangschaltung von der PV-Anlage am Dach aktiviert werden. Ihre Quelle ist der jeweilige Fußbodenheizkreis, mit dem angenehmen „Nebeneffekt“, im Sommer eine sanfte Kühlung der Wohnräume zu erreichen. Die Effizienz dieser Technik wird derzeit in einem begleitenden Monitoringprojekt gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem Hersteller detailliert ermittelt und gegebenenfalls für weitere Bauvorhaben optimiert.
Kostenoptimales, energieeffizientes und nachhaltiges Bauen beginnt nicht erst in der Planungsphase!
Bereits in der Vorentwurfs- bzw. Wettbewerbsphase getroffene Entscheidungen hinsichtlich Kompaktheit, Orientierung, Fensteranteil und Eigenverschattung haben erfahrungsgemäß und nachweislich entscheidenden Einfluss auf den zu erreichenden Effizienzstandard und die damit verbundenen Errichtungs- aber auch Betriebskosten. Um hier möglichst frühzeitig eine objektive Entscheidungsgrundlage für den Bauträger und die Wettbewerbsjury zu schaffen, wurde daher von der NHT ein zuverlässiges Bewertungsverfahren entwickelt. Dieses wurde bei diesem Objekt erstmals angewendet.
Harald Konrad Malzer, zuständig für Forschung, Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen bei der NHT, erläutert das Bewertungsverfahren: „In diesem Verfahren werden alle eingereichten Projekte mittels detaillierter thermischer 3D-Gebäudesimulation auf Erreichbarkeit des Passivhaus Plus Standards untersucht. Bei allen Einreichungen werden die Bauteilqualitäten, begrenzt durch ein wirtschaftliches Maximum, soweit erforderlich in Richtung PH Plus Benchmark angehoben. Dadurch wird ersichtlich, welche Projekte das PH-Plus leicht, mäßig oder gar nicht erreichen. Da parallel zu den ermittelten Bauteilqualitäten auch die Baukosten hinterlegt werden, kann im gleichen Schritt auch ein Vergleich der Kostenpotenziale durchgeführt werden. Damit ist es erstmals möglich, bereits im Wettbewerbsverfahren sehr verlässlich und auf wissenschaftlicher Basis die Erreichung der geforderten NHT-Effizienzkriterien im Kontext mit dem daraus resultierenden Investitionskostenpotential zu überprüfen.“
Projektbeteiligte:
- Bauherrschaft: NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH
- Architektur: scharmer-wurnig-architekten ZT gmbh
- Bauphysik: Fiby ZT GmbH
- HKLS: Klimatherm GmbH
- Gebäudedeklaration: NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH
- Weitere Beteiligte: PH-PLUS Planung