1. Teil am Dienstag, 08.11.2022
Welche Rolle die Photovoltaik im Energiesystem im Moment einnimmt und welche Rolle sie in Zukunft spielen wird, ebenso wie die Funktion und die Vorgänge am Strommarkt, waren Themen des ersten Beitrags.
Die inländische Aufbringung von Energie deckt 30 % des Energiebedarfs in Österreich – mit einem Anteil an Erneuerbaren von 83 %. 70 % der Energie, die wir benötigen, wird importiert. Und hier haben wir nur einen Erneuerbaren-Anteil von 3 %. „Aktuell basieren rund zwei Drittel unserer Energieversorgung auf Fossilen. Diese Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zeigt sich in der Situation der extremen Preissteigerung und den wirtschaftlichen Folgen, die wir gerade erfahren.“, so Karina Knaus Leiterin des Centers Volskwirtschaft, Konsument:innen und Preise in der Österreichischen Energieagentur.
Daher ist es das Ziel die Importabhängigkeit zu reduzieren. Dies bedarf den Ausbau der Erneuerbaren, mit allem was dahintersteht, wie beispielsweise Speicher, Netze und Flexibilitäten. „In vielen Bereichen wird das die Basis für die Klimaschutzlösungen unserer Zukunft sein. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist dieser Weg zu befürworten, da Erneuerbare den Strompreis drücken, lokal verfügbar sind, Unabhängigkeit bringen und lokale Wertschöpfung generieren.“, erklärte Karina Knaus.
Der nächste Beitrag widmete sich dem technischen Basiswissen. Dieter Greger-Dutzi von der PV Austria erklärte die Funktionsweise von Photovoltaikmodulen, mögliche Energieerträge, Ertragsprognosen, Montagesysteme und Anlagenkonzepte und frischte damit das Basiswissen aller Teilnehmer:innen auf. Ein wichtiges Thema dabei war die Auswirkung der Verschattung der PV-Module auf den Ertrag. „Der Einfluss der Verschattung ist bei der Ertragsprognose sehr schwierig einzuschätzen. Bypass-Dioden können den Ertragsrückgang durch Verschattung mindern, aber „Übel bleibt Übel“. Daher ist eine gute Planung das Um und Auf bei der Photovoltaik. Wenn diese gut gemacht ist, dann kann am Ende auch ein sehr guter Ertrag erreicht werden.“ betonte Dieter Greger-Dutzi.
Anknüpfend an die Grundlagen stellte Christoph Mayr vom AIT Austrian Institute of Technology praktikable und innovative Anlagenkonzepte für Unternehmen vor. „PV ist einfach ein zentraler Bestandteil der Energieversorgung. Die Motivation für Betriebe ist die Kostenreduktion durch selbst erzeugten PV-Strom, Eigenverbrauchsdeckung oder Lastspitzenreduktion. Die Photovoltaik hat konstante Stromgestehungskosten über die Laufzeit. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Erzeugungsanlagen, welche mit stoffbasierten Energieträgern funktionieren wie Gas oder Öl.“, berichtete Christoph Mayr.
Er präsentierte Ansätze und Methoden zur Qualitätssicherung von der Planung über die Ausführung bis hin zum Betrieb. „Wichtig dabei ist es, auf die kompetente Umsetzung zu achten und darauf, dass auch die einzelnen Komponenten von entsprechender Qualität sind. Entlang aller Schritte ist eine entsprechende Qualifikation der involvierten Personen maßgebliche Voraussetzung für eine gut funktionierende PV-Anlage mit zufriedenstellenden Erträgen.“, sagte Christoph Mayr.
Die Berichte von zwei tatsächlich installierten PV-Anlagen rundeten den ersten Tag ab. Christian Berghofer, technischer Leiter der Sonnentherme Lutzmannsburg, stellte die PV-Parkplatzüberdachung der Therme vor. Florian Kabas, Geschäftsführer der kleinkraft OG, präsentierte das PV-Konzept der Wiesbauer Gourmet GmbH.
Die vielen Fragen aus dem Publikum spiegelten das große Interesse an den präsentierten Themen wider.
2. Teil am Freitag, 11.11.2022
Der zweite Teil des Webinars begann mit einer kurzen Rückschau auf den ersten Teil des Webinars, mit dem Fokus auf das technische Basiswissen.
Anschließend begrüßten wir Patrick Fuchs von der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften. Herr Fuchs legte den Unterschied von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) dar.
„Eine EEG kann Energie erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen und ist grundsätzlich nicht auf den Elektrizitätsbereich beschränkt. Das heißt es wäre auch die Nutzung von erneuerbarem Gas oder anderen erneuerbaren Quellen denkbar. Die EEG darf nur in einem gewissen Nahbereich wirken. Im Elektrizitätsbereich ist man immer auf das Konzessionsgebiet von einem Netzbetreiber beschränkt. Sie genießen gewisse finanzielle Anreize wie die Reduktion der Netzgebühren, Entfall des Erneuerbaren-Förderbeitrags und der Elektrizitätsabgabe.“, erklärte Patrick Fuchs.
„BEG sind nur im Elektrizitätsbereich erlaubt. Eine Nähe der Verbrauchsanlagen zu den Erzeugungsanlagen ist nicht notwendig. Ein weiterer Punkt ist, dass sie nicht diese Reduktionen genießen, die bei den EEGs geschaffen wurden.“, so Herr Fuchs.
Patrick Fuchs präsentierte darüber hinaus die Typen der EEG, das Zusammenspiel der Energiegemeinschaften mit den Netzebenen, mögliche Teilnehmer:innen einer EEG und BEG, mögliche Organisationsformen, Energiezuteilung in der Energiegemeinschaft und Formen der Anlageneinbringung,
Günther Denk von der Sparkasse Niederösterreich Mitte-West berichtete aus erster Hand, wie die EEG Am Schwaighof aufgebaut ist, welche Herausforderungen es gab und gibt und was seine weiteren Pläne sind. Sein wichtigster Tipp für alle die eine Energiegemeinschaft gründen wollen: „Holen Sie sich einen Partner, der weiß, was er tut. In jedem Bundesland gibt es mindestens eine Stelle, die sich mit der Gründung einer Energiegemeinschaft beschäftigt. Sie ersparen sich viele Leerkilometer“.
Die Anschaffung von Photovoltaikanlagen ist mit Investitionskosten verbunden. Unterstützend gibt es in Österreich im Moment zwei unterschiedliche Förderinstrumente – die Investitionsförderung und die Marktprämie. Dr. Horst Brandlmaier von der OeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom AG brachte den Teilnehmer:innen diese beiden Förderinstrumente im Detail näher.
„Es ist ein unfassbar großer Run auf die Photovoltaik. Es wurden 57.000 Marktpreisverträge seit Jahresbeginn abgeschlossen. Seit dem ersten Call im April sind 220.000 vervollständigte Anträge für die Investitionsförderung eingegangen.“, berichtete Horst Brandlmaier.
„Wichtig bei der Antragstellung ist, dass alle für die Errichtung der Anlage erforderlichen Genehmigungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen – auch der Netzzugangsvertrag.
Weiters wichtig ist, dass eine rechtsverbindliche Bestellung NICHT vor Antragstellung erfolgen darf. Dies ist in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung auf EU-Ebene geregelt. Diese gilt für Unternehmen. Daher hat man nun die Regelung für Privatpersonen geändert. Somit dürfen Privatpersonen ab Beginn 2024 die PV-Anlage bereits vor der Förder-Antragstellung in Auftrag geben.“, erklärte Horst Brandlmaier abschließend.
Wir bedanken uns herzlich bei den Referent:innen für die Vorträge und die Beantwortung der vielen Fragen.