Im Kontext klima- und energiepolitischer Zielsetzungen, die auf eine Reduktion des Verbrauchs fossiler Ressourcen abzielen, erscheint eine verstärkte Nutzung biogener Rohstoffe unumgänglich; im Bereich der Energieversorgung ebenso wie bei konventionellen und innovativen stofflichen Nutzungspfaden. Um Ansatzpunkte für eine Optimierung der biogenen Materialflüsse im Sinne einer rationalen und effizienten Biomassenutzung identifizieren zu können, wurde im Rahmen des Programms „klimaaktiv nawaro markt“ ein Flussbild sämtlicher Biomasseströme in der österreichischen Volkswirtschaft erarbeitet und Implikationen einer zunehmenden Rohstoffnutzung für fortschrittliche biobasierte Produkte analysiert.
Die „Holzströme“ in Österreich werden bereits seit mehreren Jahren von der Österreichischen Energieagentur im Rahmen des Programms „klimaaktiv energieholz“ analysiert und grafisch aufbereitet. Im gegenständlichen Projekt, das im Rahmen von „klimaaktiv nawaro markt“ durchgeführt wurde, wurden die Analysen erstmals um sämtliche andere Biomassearten erweitert und somit die biogenen Materialströme in Österreich in ihrer Gesamtheit in Form eines Flussbildes dargestellt. Ziel dabei war es, einerseits ein besseres Verständnis der biogenen Materialflüsse zu ermöglichen und andererseits eine Entscheidungsgrundlage für strategische und ressourcenpolitische Fragestellungen bereitzustellen.
Die Materialflüsse wurden in Tonnen Trockenmasse sowie in Tonnen Feuchtmasse (inkl. spezifischer Wassergehalte) grafisch aufbereitet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Aufkommen an biogenem Material im Bezugsjahr 2011, gemessen in Tonnen Trockenmasse, folgendermaßen zusammensetzt: Mit knapp 40 % ging der größte Anteil auf Importe zurück (in erster Linie Sägerundholz). Der Anteil inländischer landwirtschaftlicher Biomasse betrug rund ein Drittel, und gut 20 % gingen auf forstliche Biomasse laut Holzeinschlagsmeldung zurück. Der Rest entfällt auf sonstiges, statistisch nicht erfasstes Holzaufkommen. Die bedeutendsten inländischen „Senken“ von Biomasseflüssen sind die Tierhaltung und die Energieerzeugung: Sowohl die konsumierte Futtermenge als auch die energetisch genutzte Menge an Biomasse beliefen sich im Bezugsjahr auf rund 12 Mio. Tonnen Trockenmasse. Der Gesamtexport an biogenem Material belief sich 2011 auf rund 85 % der Importe, wobei ein Großteil auf Schnittholz und Holzwerkstoffe zurückging.
Das Flussbild verdeutlicht, dass der überwiegende Anteil energetischer Biomassenutzung in Österreich Teil eines kaskadischen Rohstoffeinsatzes ist. Neben Abfällen werden nämlich in erster Linie Neben- und Koppelprodukte stofflicher Nutzungspfade energetisch verwertet.
Im Gesamtbild der inländischen Biomasseflüsse, das von der Holz verarbeitenden Industrie, der Tierhaltung und der energetischen Biomassenutzung dominiert wird, spielen die mit „NAWARO-Produkten“ ) in Zusammenhang stehenden Massenströme eine kleine Rolle. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Bedeutung eine Ausweitung der NAWARO-Nutzung in verschiedenen Bereichen auf die Biomasseflüsse hätte. Dies wurde anhand der Teilbereiche Biokunststoffe und biogene Dämmstoffe analysiert. Ausgangspunkt der Analyse waren die derzeitigen Verbrauchsmengen konventioneller Kunst- bzw. Dämmstoffe sowie die sich aus den spezifischen Produktanforderungen ergebenden Substitutionspotentiale.
In exemplarischen, langfristig denkbaren Szenarien mit Marktanteilen biogener Kunst- und Dämmstoffe in der Höhe von 30 % stellt sich der Rohstoffbedarf folgendermaßen dar: Bei NAWARO-Dämmstoffen bleibt der Rohstoffbedarf unter 100.000 t, während er sich bei Biokunststoffen auf bis zu 1,5 Mio.t beläuft. (Zum Vergleich: 1,5 Mio. t entspricht knapp 14 % der österreichischen Gesamtproduktion an Ackerfrüchten (exkl. Feldfutter) im Jahr 2011.) Die Ergebnisse hängen zwar stark von Annahmen bezüglich der eingesetzten Rohstoffe und anderen Szenarioparametern ab; trotzdem lässt sich daraus ableiten, dass eine starke Marktdiffusion von Biokunststoffen die biogenen Materialflüsse in Österreich in durchaus nennenswertem Maßstab verändern könnte. Im Dämmstoffbereich wären die Massenströme hingegen vergleichsweise gering.