Wien, 5.10.2020. Mit der Neuauflage des klimaaktiv Kriterienkatalogs legt das Klimaschutzministerium (BMK) aktualisierte Anforderungen für nachhaltiges Bauen und Sanieren fest, die wesentlich dazu beitragen sollen, dass der Gebäudesektor bis 2040 treibhausgasneutral wird. Der Kriterienkatalog ist der inhaltliche Kern für den klimaaktiv Gebäudestandard, dem österreichweit bekanntesten Bewertungssystem für die Nachhaltigkeit von Gebäuden. Nach klimaaktiv Standard wurden allein 2019 insgesamt 444 Einfamilienhäuser beziehungsweise Zweifamilienhäuser sowie 1.106 Wohnungen im mehrgeschossigen Wohnbau saniert. Die nun vorgestellte Überarbeitung schärft die Anforderungen an Energieeffizienz, schließt Öl und Gas endgültig aus und stellt neue Qualitätskriterien für Speichertechnologien, Kreislaufwirtschaft und Klimawandelanpassung vor.
„Der Gebäudesektor ist für rund 16 Prozent der österreichischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deshalb spielen nachhaltige Gebäude auf dem Weg in ein klimaneutrales Österreichs eine zentrale Rolle. Mit dem aktualisierten Kriterienkatalog stellen wir die Weichen für einen zukunftsfähigen und klimafreundlichen Bausektor. Wer heute ein Gebäude baut oder saniert entscheidet dabei über den Energieverbrauch über die nächsten Jahrzehnte hinaus. Als Bundesregierung gehen wir bei Sanierungen und Neubauten der öffentlichen Hand nun mit gutem Beispiel voran“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
Mit der Überarbeitung des klimaaktiv Kriterienkatalogs reagiert das BMK auf Änderungen der OIB-Richtlinie 6 (2019) Energieeinsparung und Wärmeschutz. Die Neuauflage wurde dabei gleich für weitreichende Änderungen genutzt: Das Bewertungssystem wurde um neue Themen und Kriterien erweitert, umstrukturiert und entsprechend neu bepunktet. Der neue Kriterienkatalog schließt den Einsatz fossiler Energieträger bei klimaaktiv Gebäuden nun grundsätzlich aus und schärft die Qualitätsanforderungen im Bereich der Energieeffizienz. Außerdem stellt er höhere Anforderungen an Infrastruktur und umweltverträgliche Mobilität sowie auch an die Umweltverträglichkeit von eingesetzten Baustoffen und Produkten.
Effizienz und erneuerbare Energieträger statt Kohle-, Öl- und Gasheizungen
Wärmebedarf und Wärmeversorgung nehmen im klimaaktiv Kriterienkatalog einen zentralen Stellenwert ein. Ziel ist es, den Wärmebedarf der Gebäude zu senken und die Effizienz der Energieversorgung zu verbessern. Zusätzlich sollen Energieträger gewählt werden, die das Klima wenig belasten. Solarenergie soll vor Ort thermisch oder durch PV-Anlagen genutzt werden. Kohle, Öl- und Gasheizungen sind im Neubau sowie in Sanierungen mit Austausch des Wärmeerzeugers ab nun grundsätzlich nicht mehr zulässig. Damit wird im Sinne der internationalen und nationalen klimapolitischen Ziele ein klares Zeichen zur Dekarbonisierung gesetzt und der Umstieg auf Erneuerbare Energien forciert.
Neue Kriterien für Begrünung, Energieflexibilität, Kreislauffähigkeit sowie Tageslicht
Klimawandelanpassung, Netzdienlichkeit und Speicherfähigkeit, aber auch Kreislauffähigkeit und Wohnkomfort sind wichtige Themen für zukunftsfähige, klimaneutrale Gebäude. Im klimaaktiv Kriterienkatalog 2020 wurden für diese Bereiche neue Qualitätsanforderungen definiert: Dazu zählt die Einführung des Grün- und Freiflächenfaktors (GFF) zur Berücksichtigung von Gebäudebegrünung und Versiegelung, die Berücksichtigung der Energieflexibilität von Gebäuden, die Kreislauffähigkeit von Baustoffen und die Tageslichtversorgung im Wohnbau.
Höhere Anforderungen an Infrastruktur und umweltfreundliche Mobilität
Auch die vorhandene Infrastruktur in Standortnähe und Maßnahmen zur Unterstützung klimaverträglicher Mobilität werden im neuen Kriterienkatalog aufgewertet. Steht beispielsweise kein entsprechend qualitativer Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung, muss künftig mit Elektromobilität kompensiert werden oder für den Standort ein eigenes alternatives Mobilitätskonzept vorgelegt werden. „Uns ist wichtig, dass der Gebäude- und Mobilitätssektor künftig noch besser aufeinander abgestimmt werden. Denn damit sprechen wir gleich zwei zentrale Handlungsfelder für den Klimaschutz an“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
Einsatz umweltverträglicher Produkte wird noch stärker belohnt
Neben der Energieeffizienz und Standortqualität sind auch Kriterien für Baustoffe und Konstruktion für ein Gebäude im klimaaktiv Standard maßgeblich. Der Einsatz von klimaschädlichen Baustoffen ist in klimaaktiv Gebäuden nicht zulässig. In der Neuauflage wurde die Anerkennung von Produkten, Produktgruppen und Komponenten mit dem Österreichischen Umweltzeichen erweitert. Zudem wird nun auch die Kreislauffähigkeit eines Gebäudes über die Bewertung von rückbau- und recyclingfreundlichen Konstruktionen berücksichtigt.
Hoher Qualitätsanspruch wird mehrfach belohnt
Der klimaaktiv Gebäudestandard findet sich mittlerweile in immer mehr Förderinstrumenten der Länder und des Bundes. Bauträger sowie Gebäudeentwicklerinnen und -entwickler, die diesen hohen Qualitätsanspruch realisieren, setzen selbst ein klares Zeichen für ihr Verantwortungsbewusstsein im vorsorgenden Klimaschutz. Sie sorgen dabei für Zukunftssicherheit und hohe Zufriedenheit bei den Nutzerinnen und Nutzern der Gebäude und für wirtschaftliche Stabilität im gesamten Lebenszyklus ihrer Bauwerke.
Förderschienen des Klimaschutzministeriums
Die im Vorjahr stark nachgefragte bundesweite Sanierungsoffensive inklusive Förderungsaktion für den Kesseltausch „Raus aus Öl“ wird auch 2020 fortgesetzt. 2019 wurden mit der Sanierungsoffensive (inklusive Kesseltausch) rund 250,2 Millionen Euro Wertschöpfung erzielt und 5.000 Arbeitsplätze geschaffen beziehungsweise gesichert. Damit wurden jährlich CO2-Einsparung von 81.308 Tonnen erzielt, auf die Nutzungsdauer bezogen sind das 1,8 Millionen Tonnen.
Gefördert werden umfassende Sanierungen nach klimaaktiv Standard oder gutem Standard sowie Teilsanierungen, die zu einer Reduktion des Heizwärmebedarfs um mindestens 40 Prozent führen. Die Förderhöhe beträgt bei umfassender Sanierung auf einen guten Standard bis zu 5.000 Euro, bei umfassender Sanierung nach klimaaktiv gibt es zusätzlich einen Bonus von 1.000 Euro – also insgesamt bis zu 6.000 Euro.
Im Rahmen des Gemeindepakets wird die Instandhaltung, Sanierung und Neubau von Gebäuden im Eigentum der Gemeinde sofern diese nach klimaaktiv Silber-Standard errichtet werden, gefördert. Aber auch der Neubau oder die Sanierung von Kindergarteneinrichtungen, Schulen, Seniorenbetreuungseinrichtungen und Sportstätten. Der Bund übernimmt dabei bis zu 50 Prozent der Kosten.
Weiterführende Informationen
Nähere Informationen und Details zu den Änderungen in den vier Bewertungskategorien finden Sie unter: klimaaktiv.at/bauen-sanieren
Der klimaaktiv Gebäudestandard
Der klimaaktiv Gebäudestandard des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ist das europaweit erfolgreichste und gleichzeitig anspruchsvollste Gütesiegel für nachhaltiges Bauen, denn er definiert die im internationalen Vergleich strengsten Anforderungen im Bereich Energieeffizienz.
Der klimaaktiv Gebäudestandard gibt konkrete Hilfestellung für Immobilienentwicklung, Architektur- und Bauschaffende, Wohnbauträger und Wohnbauförderstellen der Bundesländer, genauso wie für alle, die ein Haus bauen, sanieren oder nutzen. Er ist somit ein idealer Leitfaden, um klimafreundliches, ökologisches und behagliches Wohnen sowie Arbeiten zu garantieren – sei es im Falle eines Neubaus oder einer qualitativ hochwertigen Sanierung. Alle Kriterienkataloge sind nach einem 1.000-Punkte-System aufgebaut, anhand dessen die Gebäude rasch bewertet und verglichen werden können. Die Bewertung der Gebäude nach dem klimaaktiv Kriterienkatalog erfolgt in drei Qualitätsstufen mit Bronze, Silber und Gold.
Über klimaaktiv
klimaaktiv ist die Klimaschutzinitiative des BMK. Mit der Entwicklung und Bereitstellung von Qualitätsstandards, der Aus- und Weiterbildung von Profis, mit Beratung, Information und einem großen Partnernetzwerk ergänzt klimaaktiv die Klimaschutzförderungen und -vorschriften. Erfahren Sie mehr über die Ziele, Aktivitäten und Akteure: klimaaktiv.at
Rückfragehinweis:
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
Florian Berger
Pressesprecher der Bundesministerin
+43 1 71162-658010
Pressedienst klimaaktiv, Lockl & Keck
Mag.a (FH) Ulrike Schmid
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