Die Novelle der österreichischen Straßenverkehrsordnung (StVO) bringt zahlreiche Änderungen mit sich, die aktive Mobilitätsformen stärken sollen. Auch das Zu-Fuß-Gehen wird in den Fokus gerückt und wurde durch die Überarbeitung gefördert. Die Änderungen sind umfangreich: über mehr Platz, neue Verkehrszeichen, bis hin zu kürzeren Wartezeiten an Ampeln und Kreuzungen. Dabei werden gehenden Personen mehr Rechte eingeräumt. Der Fußverkehr wird dadurch attraktiver und auch sicherer, besonders für Kinder, Jugendliche oder ältere Personen. Die Begutachtungsfrist hat mit Juni geendet und die neue StVO ist im Oktober 2022 in Kraft getreten. Wir blicken etwas genauer auf die zahlreichen Änderungen für den Fußverkehr.
Mehr Platz auf Gehsteigen
Wichtig für ein sicheres und entspanntes Zu-Fuß-Gehen ist genügend Platz und das Vermeiden von Behinderungen und Engstellen. Nebeneinandergehen und aneinander vorbeigehen soll leicht möglich sein. Auch Personen mit Kinderwägen oder Rollstühlen sollten in der Lage sein, den Gehweg entspannt zu nutzen. In der Praxis ist das leider nicht immer der Fall. Die StVO-Novelle bringt einige neue Regelungen mit sich, die den Platz für den Fußverkehr schützen.
Ausdrücklich untersagt werden nun Behinderungen auf Verkehrsflächen, die dem Fußverkehr (oder Radverkehr) vorbehalten sind. Das gilt auch – und besonders – für überragende Fahrzeuge. Bisher war es nicht verboten, dass Teile des Fahrzeugs auf Gehsteige oder Radwege durch Hineinragen blockieren. Dadurch wurde der oft ohnehin schon knappe Platz auf Gehwegen häufig noch knapper. Um angenehm nebeneinander gehen, und damit andere Zu-Fuß-Gehende den Weg passieren können, muss auf Gehwegen genügend Platz zur Verfügung stehen, und das erkennt die neue StVO nun deutlich an. Ausnahmen gibt es für geringfügiges Hineinragen, wenn es nicht vermeidbar ist, und für Ladetätigkeiten, die aber möglichst kurz gehalten werden müssen. Die Mindestbreite von 1,5 Metern ist jedenfalls frei zu halten.
Neu geregelt ist auch die Aufstellung von Verkehrszeichen. Da Verkehrszeichen bisher immer mindestens 30 Zentimeter vom Fahrbahnrand entfernt aufgestellt werden mussten, landeten zahlreiche Verkehrszeichen auf Gehwegen und führten zu Behinderungen und Engstellen. Mit Inkrafttreten der Novelle können Verkehrszeichen direkt an den Fahrbahnrand platziert werden – so bleibt dem Fußverkehr auf Gehwegen mehr Platz.
Vorrang für den Fußverkehr
Bisher wurde von gehenden Personen in der StVO erwartet, dass sie „in angemessener Eile“ die Fahrbahn überqueren müssen. Die Novelle schafft diese Formulierung ab, nun müssen Zu-Fuß-Gehende nur mehr beachten, sich selbst oder andere Verkehrsteilnehmende durch das Manöver nicht zu gefährden.
Darüber hinaus haben Zu-Fuß-Gehende auf Gehsteigen immer Vorrang, auch gegenüber querenden Fahrzeugen, beispielsweise bei Ausfahrten von Garagen oder Parkplätzen. Damit wird ein deutliches Signal gesendet: Gehwege sind für den Fußverkehr da, und Fußverkehr hat dort Vorrang.
Das Vorbeifahren an einem Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs, das an einer Haltestelle steht, ist zum Schutz der ein- und aussteigenden Fahrgäste an jener Seite, an der Personen zu- und aussteigen, verboten. Die Vorbeifahrt mit Schrittgeschwindigkeit ist nur erlaubt, wenn die Türen des Schienenfahrzeugs oder des Omnibusses geschlossen sind und Lenker:in sich vergewissert hat, dass keine Personen mehr zusteigen.
Das Überqueren von Fahrbahnen an Schutzwegen ist häufig eine stressige Angelegenheit, besonders wenn die Grünphase von Ampeln knapp, die Wartezeit an Ampeln aber lange ist. Ampeln sollen daher so geschalten sein, dass die Wartezeit für Zu-Fuß-Gehende verkürzt und das Überqueren ohne Eile möglich ist. Das kommt besonders Kindern oder Personen mit eingeschränkter Mobilität zugute.
Stark befahrene Kreuzungen sind eine besondere Herausforderung. Wird die Sicht auf eine Kreuzung durch parkende Autos in Kreuzungsnähe verstellt, wird das Überqueren zusätzlich erschwert. Speziell für Kinder, die ein eingeschränktes Sichtfeld haben und aufgrund ihrer Körpergröße besonders gefordert sind, das Verkehrsgeschehen zu überblicken, kann dies schwierig sein. Die Regelung, dass an gefährlichen Kreuzungen der freizuhaltende Bereich ausgeweitet werden soll, wurde nach der Begutachtungsfrist allerdings vorerst gestrichen. Neu ist hingegen, dass Lkw bzw. Fahrzeuge über 3,5 t beim Rechtsabbiegen innerorts Schrittgeschwindigkeit fahren müssen, wenn Zu-Fuß-Gehende (und Radfahrende) in der Nähe sein können. Dies erhöht die Verkehrssicherheit.
Eine weitere Neuerung ist, dass künftig die Pflicht zur Benützung der Schutzwege entfällt, wenn es die Verkehrslage erlaubt und andere Verkehrsteilnehmer:innen nicht behindert werden. Zuvor waren Zu-Fuß-Gehende dazu verpflichtet, einen Schutzweg zum Queren zu verwenden, wenn sich einer im Umkreis von 25 Metern befindet. Ab jetzt darf man also, wenn es die Verkehrssituation erlaubt, auf den Umweg über den Schutzweg verzichten und die Fahrbahn direkt queren. Ausgenommen sind Kreuzungen, die durch Ampeln geregelt sind, hier gilt weiterhin die Benützungspflicht.
Neue Verkehrszeichen für den Fußverkehr
Auch neue Verkehrszeichen wurden in der StVO eingeführt. Ein neues Straßenverkehrszeichen zeigt anschaulich einen kombinierten Schutzweg und Radfahrerüberfahrt für die Überquerung einer Fahrbahn.
Die neue Beschilderung „Sackgasse mit Durchgehmöglichkeit“ zeigt Durchwege für den Fußverkehr in Sackgassen an, verdeutlicht bestehende „Schleichwege“ und verbessert so die Erschließung des Fußwegenetzes. Ein weiteres „Kombinationszeichen“ gibt es für Sackgassen mit Durchwegen für Gehende und Radfahrende.
Neu ist auch ein dezidiertes Zeichen für die Schulstraße, das mit einer einheitlichen und ausdrücklichen Regelung für Schulstraßen in der StVO einhergeht.
Fußverkehr im Fokus – mit der neuen StVO
Die Novelle der Straßenverkehrsordnung bringt also zahlreiche Verbesserung für den Fußverkehr mit sich. Mehr Platz, kürzere Wartezeiten, mehr Beachtung – damit soll der Fußverkehr sicherer und attraktiver werden. Besonders zugute kommt das Kindern, älteren Personen und Personen mit eingeschränkter Mobilität.