ECF-Bericht prüft 69 Eisenbahnunternehmen auf Fahrradfreundlichkeit

Wer im Alltag, bei Ausflügen und im Urlaub viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, hat vielleicht schon Erfahrungen mit der Kombination von Bahn und Fahrrad gemacht. Eine gute Idee, sagt die Verkehrsplanung. Der Blick in die Praxis zeigt aber: Da ist noch Luft nach oben.

Zug und Fahrrad bewältigen große Distanzen

„Cyclists love trains“. So betitelt die European Cyclists Federation (ECF) ihren aktuellen Bericht über die unterschiedlichen Radverkehrsstrategien der europäischen Eisenbahnunternehmen. Im kleinräumigen Europa mit seinen vielen nationalen (aber auch privaten) Bahngesellschaften wird es hier schnell unübersichtlich, wie auch die Ergebnisse des Berichts nahelegen.

Warum aber ist dieses Thema so wichtig? Fahrrad und Bahn sind zwei nachhaltige Mobilitätsformen, die sich bei der Bewältigung langer Strecken hervorragend ergänzen. Denn mit der Bahn kann man mühelos größere Distanzen zurücklegen und die Zeit während der Fahrt gut nutzen. Dort, wo die Bahn nicht mehr fährt, kommt das Fahrrad zum Einsatz. Die sprichwörtliche „letzte Meile“ wächst mit dem Rad problemlos auf mehrere Kilometer an, was das Zusammenspiel von Zug und Rad für die Nutzer:innen besonders attraktiv macht. Problematisch wird es allerdings, wenn die Bahnunternehmen bzw. deren Bahnhöfe und Züge nicht ausreichend auf dieses Verhalten eingestellt sind.

69 Eisenbahnunternehmen auf Fahrradfreundlichkeit überprüft

Die Fahrradfreundlichkeit von 69 europäischen Eisenbahnunternehmen wurde mittels sechs Indikatoren untersucht. Die mit insgesamt 60 Prozent am stärksten gewichteten Faktoren, genannt „Hardware“, waren die in Zügen verfügbaren Radmitnahmeplätze sowie das Vorhandensein (und der Ausbaugrad) eines Leihradsystems, das entweder durch die Bahnunternehmen selbst oder im Zuge einer Kooperation betrieben wird. Die „Software“ mit einer Gewichtung von 40 Prozent umfasste den Preis der Radmitnahme, die Vertriebskanäle, die verfügbaren Sprachen der Vertriebskanäle sowie die Benutzerfreundlichkeit der Buchung von Radmitnahmeplätzen.

Österreich im Mittelfeld

Insgesamt konnten in den sechs Indikatoren 50 Punkte erreicht werden. Die Ergebnisse der untersuchten Bahnunternehmen wurde in fünf Klassen eingeteilt. Für die höchste Klasse, „exzellent“, musste eine Wertung von mindestens 80 Prozent erreicht werden. Dies gelang mit 82 Prozent nur einem Unternehmen, dem niederländisch-deutschen Joint Venture „Intercity Berlin“, welches Züge zwischen Amsterdam und Berlin betreibt.

Die beiden untersuchten Unternehmen aus Österreich, ÖBB und Westbahn, konnten hier nicht mithalten. Mit 52 Prozent bei ÖBB und 42 Prozent bei Westbahn reichte es nur für die Plätze 15 und 23. Spitzenwerte konnten die beiden Unternehmen nur in der Website-Funktionalität erzielen, da unter anderem die Suche auf Verbindungen mit Radmitnahme gefiltert werden kann, Radtickets mit einem Klick dazugebucht werden können und Informationen zur Radmitnahme kompakt auf der Website zusammengefasst sind.

Bei den Radmitnahmeplätzen konnte die ÖBB immerhin 12 und die Westbahn 8 Punkte erreichen, der Spitzenwert lag hier bei 20 Punkten (durchschnittlich mind. 10 Plätze/Zug) und wurde von fünf Unternehmen erreicht, davon sind drei Nachbarländer Österreichs (SBB, Slovenske železnice, MÁV-START).

In der Kategorie Leihradsysteme konnten die Nederlandse Spoorwegen als einzige alle 10 Punkte erlangen. Das Leihradsystem OV Fiets ist in den Niederlanden an mehr als 300 Standorten verfügbar. Die ÖBB konnten durch die Kooperation mit Nextbike 2 Punkte erlangen.

Der gesamte Bericht inklusiver der Detailauswertungen ist auf der ECF-Website zu finden. Den Link dazu finden Sie am Ende des Artikels.

Für Österreich ist der ECF-Bericht ein klares Signal, beim Zusammenspiel von Zug und Rad noch einmal nachzuschärfen. Vor allem das begrenzte Platzangebot im Fernverkehr stellt Nutzer:innen in der Praxis immer wieder vor Probleme. Weitere Elemente radfreundlicher Bahninfrastruktur, die nicht im Bericht abgedeckt wurden, sind sichere Radinfrastruktur am Weg zu den Bahnhöfen sowie hochwertige Radabstellanlagen. Hier ist wiederum ein Zusammenspiel aus Bahnunternehmen und Gemeinden (oder Bundesländern) gefragt.

Veröffentlicht am 21.10.2021

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