Im Jahr 2019 marschierten mehr als 100 junge Menschen im Zuge der Fridays For Future Klimastreiks mehrmals vor das Gmundner Rathaus und demonstrierten für Klimaschutz. Sie forderten, den sogenannten Klimanotstand auszurufen. In Workshops einigte man sich auf den Gmundner Klimapakt, der im September 2019 einstimmig im Gemeinderat beschlossen wurde. Drei Jahre später wurde die Klimastrategie Gmunden 2030 verabschiedet. Die Bedürfnisse der Bevölkerung wurden in einem Bürgerbeteiligungsmodell abgeholt und aufgegriffen. Auch an den Strukturen wurde gearbeitet. Ein Klimarat wurde einberufen und eine Klimakoordinatorin bestellt. Wir fragen bei Verena Pühringer-Sturmayr nach, was sie an dieser Aufgabe motiviert, wie das Zusammenspiel zwischen den Anliegen der Bürger:innen und den Vorgaben der Politik funktioniert und wie man als Stadtgemeinde beim Klimathema raus aus der Blase kommt.
Sie wurden im Jänner 2023 zur ersten Klimakoordinatorin der Stadtgemeinde Gmunden ernannt. Was motiviert Sie und was ist genau ihre Aufgabe?
Pühringer-Sturmayr: Ich komme aus der Forschung und habe schon dort gemerkt, dass mir Datenerhebung und Analysen mit partizipativem Ansatz (d.h. Citizen Science) besonders viel Freude machen. Die Einbindung von Bürger:innen ist auch eine zentrale Aufgabe der neuen Stelle als Klimakoordinatorin. Ich schaue, wo wir mit der Klimastrategie stehen. Wo wir noch nachbessern müssen und welche Maßnahmen welche Wirkung erzielen.
Der Ausgangspunkt der Gmundner Klimastrategie 2030 war ein Klimastreik von Fridays For Future. Waren Sie selbst schon einmal auf der Seite der Klimastreikenden?
Pühringer-Sturmayr: Nein, ich war noch auf keinem Klimastreik. Ich kann aber nachvollziehen, warum gerade Junge streiken und aktivistisch werden. Ich verstehe auch den Beweggrund von den sogenannten Klimaklebern – bin aber skeptisch, ob das der Sache so viel hilft.
Nach dem Klimastreik folgte der politische Prozess mit dem Beschluss zum Klimapakt und dann startete eine Bürgerbeteiligung. Wie ist diese gelaufen?
Pühringer-Sturmayr: Der große Vorteil war, dass die Stadt Gmunden schon zuvor ein bewährtes Bürgerbeteiligungsmodell etabliert hat. Es umfasst zwei Säulen. Einerseits „Ideen für Gmunden“ – Vorschläge werden auf ihr Gemeinwohlinteresse untersucht und bei positivem Ausgang dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Andererseits gibt es noch „Bürger:innen-Anträge“. 50 Unterschriften von Hauptwohnsitzenden sind notwendig, damit ein Anliegen in den Ausschuss kommt. Beides sind sehr niederschwellige Möglichkeiten sich als Bürger:in einzubringen.
Ihr habt Bürger:innen auch über einen Klimarat eingebunden. Wie ist das gelaufen?
Pühringer-Sturmayr: Wir haben 250 zufällig ausgewählte Personen angeschrieben – die Rücklaufquote war im Vergleich zu anderen Städten erfreulicherweise sehr hoch. 17 Gmundnerinnen und Gmundner zwischen 17 und 84 Jahren, die einen möglichst guten Querschnitt der Bevölkerung abbilden, wurden daraus ausgewählt. In vier Themenfeldern haben sich diese eineinhalb Tage lang mögliche Klimamaßnahmen angeschaut und Empfehlungen ausgearbeitet. In einem Klima-Cafe haben wir dann auch noch für alle Interessierten die Möglichkeit geboten, Inputs zu liefern. All das ist schlussendlich in die Klimastrategie eingeflossen.
Ist es gelungen, auch junge Menschen, die beim Klimastreik 2019 mitmarschiert sind, an Bord zu holen?
Pühringer-Sturmayr: Wir haben Fridays for Future zu Beginn und am Ende der Klimastrategie eingebunden. Eine Jugendliche ist mittlerweile auch politisch tätig. Parallel dazu haben wir letztes Jahr probeweise einen Jugendrat abgehalten. Der hat sich bewährt und eine fixe Einrichtung ist gerade in Arbeit. Auch dort werden Klimathemen Platz finden.
Bei Bürgerbeteiligungsmodellen sind oft immer die „üblichen Verdächtigen“ dabei. Wie kommt ihr raus aus der Blase? Und wie versucht ihr, in einen Dialog mit euren Bürger:innen zu kommen?
Pühringer-Sturmayr: Wir setzen sehr stark auf Veranstaltungen. Und wir versuchen, unsere Bürger:innen über möglichst viele Kanäle zu erreichen. Dazu haben wir einen Klimakommunikationsplan ausgearbeitet und Themenschwerpunkte gesetzt. Das sind Themen, die die Bürger:innen direkt betreffen wie Energiesparen, Umgang mit Hitze oder Bäume. Wir haben zum Beispiel unseren Baumbeauftragten in der Gemeindezeitung und in den Sozialen Medien vorgestellt. Mit ihm haben wir auch einen Facebook-Post gemacht, in dem er erklärt, wie er versucht die Bäume in Gmunden zu schützen und wann Baumschnitte unumgänglich sind. Eines der letzten Highlights war der 1. Klimaschutzpreis der Stadtgemeinde Gmunden. 19 tolle Projekte wurden eingereicht. Wir haben 2.500 Euro an Preisgeld an die acht Preisträger:innen vergeben.