Bereits 2012 wurde das Umweltcenter der oberösterreichischen Raiffeisenbank Gunskirchen zur Förderung nachhaltiger Investments ins Leben gerufen. Das von den Kundinnen und Kunden investierte Geld wird in nachhaltige, ökologische und soziale Projekte investiert. Vorstand Mag. Andreas Hohensasser erzählt im Interview über gemeisterte Hürden auf struktureller Ebene, wie sich der Bankensektor entwickelt hat und wie es gelingt, mehr Menschen zu erreichen.
Das Umweltcenter Gunskirchen hat 2012 mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit Neuland betreten. Welche strukturellen Barrieren standen anfangs im Weg und konnten schließlich gemeistert werden?
Andreas Hohensasser: Wir haben bei uns im Haus das grundsätzliche Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz bereits vor der Gründung unserer grünen Bank gelebt, das ging uns jedoch nicht weit genug. Mit der Gründung des Umweltcenters haben wir daher ein Geschäftsmodell mit klaren Ausschlusskriterien und vor allem mit klaren Investitionskriterien etabliert, mit dem wir unsere Vision einer grünen Bank im Herzen von Oberösterreich leben! Damit war das Umweltcenter auch eine Antwort auf die Bankenkrise und die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Geldverwendung (globale Geldströme) sowie die Wahrnehmung der Verantwortung für die nächste Generation.
Die Skepsis, um nicht zu sagen der Widerstand war anfangs groß, wir haben uns aber nicht beirren lassen und sind konsequent unseren nachhaltigen Weg weitergegangen! Auch intern bei uns im Haus war Überzeugungsarbeit notwendig, um die Mitarbeiter:innen der Gesamtbank an Bord zu holen. Und wie sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, gibt uns nicht nur der Erfolg recht, sondern vor allem die dringende Notwendigkeit die Gestaltungsmacht und den Lenkungseffekt von Geld zu nutzen, um den Klimawandel einzudämmen und unseren Kindern eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen.
Kundenseitig war die Resonanz von Anfang an groß. Die Menschen wollten und wollen immer genauer wissen, wie ihr Geld veranlagt wird. Die Förderung von und Investitionen in gezielt zukunftsweisende Projekte ist für viele ein wichtiges Thema. Unseren Kund:innen ist es nicht egal wie ihr Geld verwendet wird. Sie wollen ihr Kapital vielmehr ökologisch sinnvoll, verantwortlich und nachvollziehbar veranlagen.
Wie leicht oder schwer wird es den Bank-Kundinnen und Kunden mittlerweile gemacht, solche Produkte in Anspruch zu nehmen? Wie hat sich der gesamte Bankensektor entwickelt?
Hohensasser: Das Angebot an nachhaltigen Produkten wird immer größer, mittlerweile haben eigentlich alle großen Banken ein grünes Angebot an Spar- und Giroprodukten. Grundsätzlich sollte man sich bei der Auswahl auch immer das Geschäftsmodell der Bank ansehen, das hinter dem Angebot eines grünen Girokontos oder auch jedes anderen grünen Anlageproduktes steht: wo wird das Geld veranlagt, in welche Projekte wird investiert und ist das alles transparent und nachvollziehbar auch für mich als Konsument. Orientierung bietet auch das Österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Spar- und Giroprodukte, das nach strengen Kriterien zertifiziert. (Wir haben das Umweltzeichen als erste Bank in Österreich bereits im März 2020 verliehen bekommen) Wer sich für nachhaltige Spar- und Giroprodukte interessiert, kann darüber hinaus alle Banken auf der unabhängigen Vergleichsplattform Birds of Trust prüfen und mit diesen Informationen das für sich beste Produkt auswählen.
Auch die nun verpflichtende Nachfrage nach Nachhaltigkeitspräferenzen bei allen Anlageberatungen hat sicher einiges an Schub gebracht. Bei uns verzeichnen wir auch außerhalb des Umweltcenters eine deutlich erhöhte Nachfrage von ESG-Fonds, dies liegt eben auch an der verpflichtenden Abfrage jedes Veranlagungskunden im Anlegerprofil (das sind die Wünsche, Ziele und Erfahrungen/Kenntnisse jedes Kunden im Wertpapierbereich), ob denn „Nachhaltigkeitspräferenzen“ bestehen und ob „Negativkriterien“ - die sich belastend auf die Umwelt auswirken - für Wertpapierveranlagungen ausgeschlossen werden sollen. Mehr als 2/3 unserer Wertpapier-Kund:innen, haben hohes Interesse daran, in Wertpapier-Veranlagungen zu investieren, die als nachhaltig eingestuft werden. Im Umweltcenter haben wir klarerweise fast ausschließlich Kund:innen, die nur grün veranlagen wollen und sogar mit dem Angebot an nachhaltigen Fonds noch unzufrieden sind, da sie eigentlich zu wenig grün sind. Die Auswahl an sogenannten §9-Fonds, die als streng nachhaltig eingestuft werden, ist noch zu gering. Hier wird kundenseitig bereits deutlich mehr gefordert!
Wie weit verbreitet ist das Thema Umwelt- und Klimarelevanz bei der Auswahl einer Bank. Anders gefragt: Ist es bereits gelungen, aus der Nische Richtung Mitte der Bevölkerung zu kommen?
Hohensasser: Nachhaltigkeit und der Wille aktiv etwas zu tun, sind in den mehr als zehn Jahren seit Bestehen des Umweltcenters in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Grüne Finanzprodukte sind heute keine Nische mehr, sondern ein zentrales Thema! Viele unserer Kund:innen sind umfassend informiert und wissen ganz genau, was sie wollen. Nämlich wirklich etwas bewirken! Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind daher zentrale Pfeiler in unserer Kommunikation, um zu zeigen, dass jeder nachhaltig veranlagte Euro einen wertvollen Beitrag zum Erhalt unserer Umwelt leistet. Politisch forcierte Initiativen wie die Green Finance Alliance sind hier natürlich ein Treiber, unsere Finanzwirtschaft in Summe zukunftsfit zu machen und an den Pariser Klimazielen auszurichten.
Worauf setzen Sie bei der Bewerbung von nachhaltigen Produkten? Gibt es spezielle Botschaften, Themen oder Kanäle, die bei den Kund:innen auf fruchtbaren Boden fallen?
Hohensasser: Transparenz und Authentizität sind oberstes Gebot bei uns. Unsere Umweltgarantie gibt klar vor was wir tun, einmal jährlich prüft ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer die Mittelverwendung und auch unser Umwelt-Beirat bestehend aus fünf Expert:innen steht uns mit Rat und Tat zur Seite. Wir haben uns in den letzten Jahren den Ruf aufgebaut die grünste Bank in Österreich zu sein und darauf sind wir natürlich sehr stolz. Das alles hilft uns abseits großer Werbebudgets Kund:innen aus ganz Österreich zu gewinnen!