Die KI ist ein mächtiges Werkzeug für eine nachhaltigere Zukunft

Henriette Spyra leitet die Sektion III "Innovation und Technologie" im Klimaministerium. Im Interview spricht sie über die bereits 2021 gestartete Initiative "AI for Green". Sie umreißt das Potential und die Herausforderungen der KI - Künstlichen Intelligenz - beim Klimaschutz. Und sie hat Ratschläge für Organisationen, die sich dem Thema erst nähern. 

Das BMK hat 2021 „AI for Green“ gestartet. Was ist das Ziel dieser Initiative?

Henriette Spyra: Um KI im Klimaschutz voranzutreiben hat das BMK bereits 2021 die Förderinitiative „AI for Green“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, einerseits KI-Technologien zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln und andererseits einen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele zu leisten. Die laufenden Projekte sind beeindruckende Beispiele dafür, wie KI zur Bewältigung der Klimakrise beitragen kann, etwa durch die Reduzierung des Ressourcen- und Energieeinsatzes, der Vermeidung von Treibhausgasemissionen oder beim Erhalt von Naturräumen und Ökosystemen.

Kürzlich ist die bereits 4. Ausschreibungsrunde gestartet. Welche Projekte wurden bisher unterstützt? Können Sie uns einige Beispiele nennen?

Spyra: Die Projekte sind ganz unterschiedlich. Die meisten gehen auf thematische Schwerpunkte des BMK ein: Energiewende, Kreislaufwirtschaft und Produktionstechnologien, Mobilitätswende und klimaneutrale Stadt.

Es gibt Projekte, die dabei helfen, die Integration von Erneuerbaren in das Stromnetz zu erleichtern, indem sie Angebot und Nachfrage in Echtzeit ausgleichen. KI-Anwendungen machen die Netze dadurch auch stabiler und widerstandsfähiger gegen Störungen. So beschäftigt sich zum Beispiel das Projekt „AI4GreenHeatingGrids“ mit dem Einsatz von KI zur optimierten Regelung großer, komplexer Wärmenetze.

KI-Anwendungen können zudem die optimale Ausrichtung von Solarzellen oder Windpanelen berechnen und damit auch dort die Leistung erhöhen. Auch bei der Wartung können sie nützlich sein. So können Verschmutzungen, Abnutzungen oder der optimale Zeitpunkt eines Austausches besser beurteilt werden. Das Projekt „AI Wind“ nutzt beispielsweise KI-basierte Klima- und Windenergiemodelle für die Windindustrie in Österreich. Dabei sollen auch sogenannte digitale Zwillinge für Windkraftanlagen zur Anwendung kommen.

Ein ganz anderes und sehr erfolgreiches Projekt ist „AI4Trees“, das bereits in der ersten Ausschreibung gefördert wurde und mittlerweile auch international viel Anerkennung erhält. „AI4Trees“ erforscht, entwickelt und kombiniert Technologien, die es ermöglichen, zu verstehen und zu erklären, wie der Klimawandel das Wachstum von Bäumen und ganzer Baumarten beeinflusst. Das ist eine wichtige Komponente, um den Gesundheitszustand und die Kohlenstoffspeicherung einzelner Bäume besser zu erfassen, was letztlich auch der Biodiversität und der Klimawandelanpassung in Waldökosystemen zu Gute kommt.

Kann die KI unser Klima retten? Oder anders gefragt: Welches Potential hat die KI bei der Eindämmung des Klimawandels und beim Klimaschutz?

Spyra: Wie man bei den genannten Projekten sieht kann Künstliche Intelligenz mit ganz konkreten Anwendungen dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen und zum Klimaschutz beizutragen. Sie kann den Energieverbrauch optimieren, Ressourcen effizienter nutzen, den Verkehr steuern, beim Naturschutz helfen und Anpassungen an den Klimawandel unterstützen. Alles in allem ist KI doch ein mächtiges Werkzeug, um eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.

Welche Hindernisse oder Herausforderungen sehen Sie bei der Integration von künstlicher Intelligenz im Bereich des Klimaschutzes?

Spyra: Die Integration von KI im Bereich des Klimaschutzes – aber auch in allen anderen Anwendungsfeldern - birgt einige Herausforderungen und Hindernisse. Da wären zum Beispiel die Daten und die Datenqualität. KI-Modelle sind stark abhängig von qualitativ hochwertigen Daten. Wenn die verfügbaren Daten unvollständig oder ungenau sind, kann dies die Effektivität der KI beeinträchtigen.

Ein anderer wesentlicher Aspekt ist das Thema „Green AI“. Ist die KI-Anwendung energieeffizient oder verbraucht sie selbst sehr viel Ressourcen? Hier braucht es noch einiges an Forschung und auch klare Leitlinien für die Umsetzung von nachhaltigen KI- Lösungen. Wir werden als BMK vermehrt in diese Richtung unterstützen. Auch in der aktuellen „AI for Green“ Ausschreibung ist das Thema schon verankert.

Eine weitere große Herausforderung ist die gegenseitige Skepsis der Disziplinen. Es braucht daher noch viele weitere Vernetzungsveranstaltungen und Workshops um genau das herzustellen, was alle Projekte als ihre wichtigsten Erfolgsfaktoren benennen: Verständnis und Vertrauen. Wir müssen aber auch klar sagen, dass es am Ende darum geht, welche Projekte auch tatsächlich langfristig weiterentwickelt werden und wie es den Unternehmen gelingt die Produkte und Dienstleistungen gewinnbringend umzusetzen.

Welche Ratschläge würden Sie Organisationen geben, die sich dafür interessieren, künstliche Intelligenz zur Unterstützung von Klimaschutzinitiativen einzusetzen?

Spyra: Unternehmen können im Bereich Klimaschutz und künstlicher Intelligenz erfolgreich sein, indem sie eine klare Strategie entwickeln, hochwertige Daten nutzen, interdisziplinäre Teams zusammenstellen, ethische Richtlinien festlegen und Partnerschaften eingehen. KI sollte nicht nur als technologisches Werkzeug betrachtet werden, sondern als ein Weg, um dem Klimawandel aktiv zu begegnen und entsprechend nachhaltige Lösungen in unserem Kampf dagegen zu finden.

Können Sie abschätzen, was die KI für den gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Klima bedeutet? Kann Sie diesen positiv beeinflussen?

Spyra: Das Thema KI ist in der Öffentlichkeit teilweise mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden. Oft geht es dabei um die Sorge, die Kontrolle zu verlieren oder um ganz persönliche Nachteile, wie etwa den Verlust des Arbeitsplatzes. Es ist wichtig, dass wir das Potential von KI für den Menschen und auch für unseren Planeten in den Vordergrund stellen und damit den öffentlichen Diskurs positiv beeinflussen. Wir gehen in Europa auch einen sehr guten Weg indem wir mit dem AI Act klare rechtliche Rahmenbedingungen für eine vertrauenswürdige KI schaffen und so langfristig auch das Vertrauen in KI-Anwendungen „Made in Europe“ stärken können.

 

Veröffentlicht am 03.06.2024