So funktioniert Klimakommunikation auf TikTok

TikTok boomt. Die Plattform wird immer größer und ist längst zu einem Sprachrohr für Politik, Kultur und andere Themen herangereift. Trotzdem ignorieren immer noch viele Kommunikator:innen TikTok oder stempeln die App als Ort für kindische Tanzvideos ab. Doch möchten wir Klimathemen effektiv kommunizieren, müssen wir das dort machen, wo die Menschen sind. Und das ist in vielen Fällen TikTok.

Was ist TikTok eigentlich?

Für alle, die noch nichts von TikTok gehört haben, hier die Entwicklung der App im Schnelldurchlauf: 2017 übernahm der chinesische Konzern Bytedance, die beliebte Kurzvideoplattform musical.ly, die bis dahin vor allem für Tanz- und Lipsyncing-Videos bekannt war. Das Unternehmen adoptierte daraufhin Funktionsweisen von Douyin, dem chinesischen Pendant der App und führte den Namen TikTok ein.

Nach der Übernahme wuchs die Plattform rasant. Schon 2021 hatte TikTok mehr aktive Nutzer:innen als Instagram, LinkedIn und Twitter. 2023 waren es weltweit 1,9 Milliarden Menschen. Auch die Zahlen für Österreich sprechen eine deutliche Sprache. Hierzulande nutzen jeden Monat 2,1 Millionen Menschen TikTok, fast jede:r Vierte.

Darum dürfen wir TikTok nicht ignorieren

Die Plattform einfach zu ignorieren, geht sich also nicht mehr aus, möchte man nicht eine ganze Zielgruppe einfach ausschließen. Denn vor allem für den Medienkonsum junger Menschen spielt TikTok eine zunehmend große Rolle. Ein Drittel der 14- bis 24-Jährigen nutzt kaum mehr Inhalte der etablierten Medien, sondern informiert sich eher beiläufig über die Sozialen Medien.

Manche Akteurinnen und Akteure haben das früh erkannt. Politische Kräfte nutzen die Plattform, um junge Menschen von den eigenen Positionen zu überzeugen. Und das nicht nur mit fairen Mitteln. Propaganda und Desinformationen sind auf TikTok weitverbreitet und werden gerade von jungen Menschen nicht unbedingt als solche erkannt. Auch rund um das Thema Klima kursieren enorm viel Fehlinformationen.

TikTok ist jedoch längst nicht mehr eine Plattform nur für Jugendliche. Genaue Zahlen über die Altersverteilung der TikTok-Nutzer:innen gibt es zwar nicht, da TikTok die Zahlen minderjähriger Nutzer:innen verschweigt. Dennoch zeigt sich, dass auch Erwachsene aller Altersklassen die Plattform verwenden.

Wie funktioniert TikTok?

Um mit TikTok-Videos die eigene Zielgruppe zu erreichen, muss man verstehen, wie der Algorithmus der Plattform funktioniert. Denn die meisten TikToks werden über die sogenannte „For You Page“ konsumiert, die Startseite der App, auf der ein Endlos-Stream von Videos angezeigt wird. Diese werden vom TikTok-Algorithmus ausgewählt und eng auf die eigenen Interessen zugeschnitten.

Im Netz finden sich viele Artikel, die behaupten, den TikTok-Algorithmus geknackt zu haben. Tatsächlich weiß aber niemand genau, wie die Videos für die For You Page ausgewählt werden. Der Mutterkonzern Bytedance hält sich dazu sehr bedeckt.

Daher gilt die Devise: learning by doing. Es lohnt sich, selbst ein Gespür für den Algorithmus zu entwickeln, zu analysieren, welche Videos gut ankommen und den eigenen Content daran anzupassen. Einige grundlegende Tipps und Tricks um die Chancen für erfolgreiche Videos zu erhöhen, gibt es aber trotzdem.

So erzählen wir (Klima-)Geschichten auf TikTok

Ein wichtiger Hinweis vorweg: TikTok lässt sich kaum vorausschauend bespielen. Die Plattform ist extrem schnelllebig, fast täglich wechseln Themen und Trends. Dabei zeichnet sich die Plattform durch eine hohe Diskursfähigkeit aus. Gewinnt ein Thema an Fahrt, äußern sich oft unzählige Accounts dazu, bringen neue Aspekte in die Diskussion ein und interagieren miteinander. Außerdem gibt es immer wieder kurzlebige Trends, die die Plattform für einige Tage dominieren und meist mit einem bestimmten Sound verbunden sind, der unter die Videos gelegt wird.

Um auf TikTok erfolgreich zu sein, lohnt es sich, diesem Diskurs zu folgen. Oft lassen sich Anknüpfungspunkte zwischen den eigenen Themen und derzeitigen Trends finden. Spielt man diese schlau aus, kann man die Hype-Welle mitschwimmen und trotzdem eigene Akzente setzen. Wer einfach stur versucht, eigene Themen zu platzieren und die Plattform sonst ignoriert, wird es daher schwer haben. TikTok zu bespielen, ohne selbst zumindest hin und wieder auf der Plattform unterwegs zu sein, ist nicht sonderlich erfolgsversprechend.

Worauf kommt es bei TikTok Videos an?

Auch bei der Aufmachung der Videos gibt es einige Dinge zu beachten. Besonders wichtig sind dabei:

  • Die Hook: Entscheidend für den Erfolg eines TikTok-Videos sind die ersten Sekunden. Klar, auch der Rest des Videos sollte nicht sterbenslangweilig sein, aber in den ersten Momenten musst du die Zuseher:innen überzeugen, nicht direkt weiterzuscrollen. Wichtig ist also ein knackiger Einstieg, eine Hook, die einen ins Video zieht und motiviert dranzubleiben. Dafür eignet sich zum Beispiel eine spannende Frage, ein provokant formuliertes Statement oder ein überraschender Fun Fact. Auch Cliffhanger, die auf das Ende des Videos verweisen, können funktionieren.
  • Die Sprache: Das Publikum auf TikTok ist in erster Linie dort, um unterhalten zu werden. Komplexe wissenschaftliche Ausführungen hört sich dort fast niemand an. Es ist daher wichtig zu überlegen, wie man die eigenen Inhalte verständlich und unterhaltsam verpacken kann. Dabei sollte man keine Scheu davor haben, das Publikum direkt anzusprechen und Themen zu vereinfachen und humorvoll aufzuladen.
  • Die Persönlichkeit: Eine junge Sprache, die die Lebensrealität des Publikums trifft, kommt zwar prinzipiell am besten an, verstellen sollte man sich deshalb aber nicht. Wer in jeden zweiten Satz Jugendwörter einbaut, die sonst gar nicht im eigenen Sprachgebrauch sind, wirkt schnell cringe. Wer das Wort nicht kennt, sollte sich diesen Absatz besonders zu Herzen nehmen. TikTok lebt von der Personalisierung der Inhalte. Authentische Personen wirken vertrauenswürdiger als anonyme Organisationen und holen auf der Plattform mehr Menschen ab. Man sollte sich daher Gedanken machen, wer das Gesicht, der eigenen Organisation sein soll.

Good Practices aus der Klimabubble

Inspiration, wie das aussehen könnte, bietet zum Beispiel der TikTok Auftritt von Greenpeace UK. Dort erklärt unter anderem der britische Satiriker Oli Frost, Klimathemen in pointierten Videos.

In Deutschland startete Fridays for Future im letzten Jahr die Kampagne #reclaimtiktok. Aktivist:innen wie Luisa Neubauer oder Theresia Crone möchten die Plattform mit Fakten fluten, um der Desinformation etwas entgegenzusetzen.

Der amerikanische Wissenschaftskommunikator Hank Green zeigt, dass nicht nur die Generation Z auf TikTok erfolgreich sein kann. In Österreich macht zum Beispiel der Kanal FÄKT der Österreichischen Akademie der Wissenschaften spannende Klimavideos.

Unseren klimaaktiv TikTok-Kanal findest du hier.

Zur Person:

Jannik Hiddeßen ist seit 2023 Teil des klimaaktiv-Teams und produziert unseren Podcast "Der Klimadialog". Neben seiner Arbeit bei klimaaktiv ist er Teil der jungen Klimajournalismus-Redaktion Klimareporter.in.

Veröffentlicht am 09.07.2024