So gelingt die Energiewende in Gemeinden

Gemeinden bilden das Fundament der Verwaltung und spielen eine tragende Rolle in der Realisierung der Energiewende. Viele Gemeinden haben einen starken Willen auf erneuerbare Energien umzusteigen. Förderungen und Beratungsangebote gibt es, allerdings bereitet die praktische Umsetzung Schwierigkeiten. KEM- und KLAR!-Manager:innen berichten von Erfahrungen aus der Praxis und geben praktische Tipps.

Der Klimawandel ist in Österreich mit jedem Jahr deutlicher zu spüren, ob durch die Zunahme von tropischen Nächten, durch landwirtschaftliche Einbußen oder in Form von Extremwetterereignissen. Österreich hat beschlossen, bis 2040 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel wird nur durch eine aktive Zusammenarbeit aller Bürger:innen erreichbar. Eine Herausforderung liegt in der praktischen Umsetzung der so vielschichtigen Thematik. Mit den KEM- und KLAR!-Regionen wird ein Bottom-Up Ansatz gewählt, um sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten und seinem Fortschreiten entgegenzuwirken.

Ein Beispiel für eine KEM- und KLAR!-Region ist Graz-Umgebung-Nord. Dort betreuen Mag. Marta Cociancig, KEM‑Managerin, und Dr. Michaela Ziegler, KLAR!‑Managerin, die Gemeinden Deutschfeistritz, Frohnleiten, Peggau, Semriach und Übelbach und arbeiten intensiv an der Umsetzung der erneuerbaren Energiewende. In einem gemeinsamen Gespräch haben sie ihre Erfahrungen über die Hürden und mögliche Lösungswege im Rahmen ihrer Tätigkeit geteilt.

Personal und Zuständigkeiten

Ein Kernpunkt sind die personellen Ressourcen: Viele Gemeinde-Mitarbeiter:innen haben ein volles Arbeitspensum. Wenn nicht klar geregelt ist, wer konkret für die Umsetzung der Ziele zuständig ist, können diese oft im Alltagsgeschäft untergehen. Es passiert, dass Regionsmanger:innen, statt zu vernetzen und beratend zu unterstützen, alleine Verantwortung für das Geschehen in den individuellen Gemeinden tragen und so der Fortschritt stark beeinträchtigt wird. Einigen Gemeinden ist es gelungen, diese Hürde zu überwinden, indem sie die Betreuung der Projekte beziehungsweise die Rolle als zuständige Person in der Gemeinde in die Arbeitsbeschreibung der Mitarbeiter:innen integriert haben. So wird eine effiziente Zusammenarbeit in der Gemeinde möglich und Projekte werden schneller umgesetzt.

Energiebuchhaltung: Digitalisierung dringend notwendig

Um Entscheidungen zu Energieprojekten treffen zu können, ist es unerlässlich, den Energiebedarf zu kennen. Eine große Herausforderung dabei ist die Datenverfügbarkeit: Handschriftliche Aufzeichnungen verglichen mit digitaler Datenerfassung erhöhen den Zeitaufwand, manchmal stehen auch keine vollständigen Aufzeichnungen zur Verfügung. Durch den Einsatz von Smartmetern kann dieses Problem umgangen werden, sie bieten Übersichtlichkeit und Transparenz und somit eine gute Datenbasis für die Planung von Projekten.

Finanzierungsmöglichkeiten über Bürger:innenbeteiligung

Eine weitere knappe Ressource in Gemeinden ist das verfügbare Kapital: Ob Photovoltaik-oder Solarthermieanlagen, Windkraftwerke oder Biomassekraftwerke – um erneuerbare Energie nutzen zu können, fallen zu Beginn Investitionskosten an. Dieser Umstand übersteigt das Budget einer Gemeinde in vielen Fällen wodurch die Projekte in eine ferne Zukunft rücken. Neben − oft kostspieligen − Krediten können auch Bürger:innen in Projekte einbezogen werden, etwa über Energiegemeinschaften. Diese bieten den Bürger:innen −  speziell bei hohen Stromkosten und niedrigen Zinsen − Vorteile, da ihnen im Gegenzug zu ihrer finanziellen Investition eine im Vorhinein festgelegte Menge an Energie bereitgestellt werden kann.

Rechtliche Unklarheiten

Gemeinden, die sich dazu entschließen, Energiegemeinschaften zu gründen oder in eine Energiegemeinschaft einzutreten, finden sich oft vor neuen Fragen und Unklarheiten bezüglich Zuständigkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen wieder. Es bedarf hier einer Unterstützung von höheren Ebenen. Leitfäden oder eine Vernetzung zwischen den Gemeinden können helfen. Eine gute Möglichkeit zum Austausch bieten monatliche Gemeindestammtische, bei denen alle von den Erfahrungen der jeweils anderen lernen können.

Informationsverbreitung über viele Kanäle

Für die Projektumsetzung im Bereich des Klimaschutzes ist auch das Bewusstsein in der Bevölkerung entscheidend. Wichtig dafür ist die erfolgreiche Verbreitung von Informationen. Es treten immer wieder Schwierigkeiten bei der Informationsweitergabe an Gemeindebedienstete auf und vice versa: Interessierte Bürger:innen erfahren vom relevanten Geschehen in der Gemeinde häufig spät oder gar nicht. Monatliche Sprechstunden, digitale Aufzeichnungen der Gemeinderatssitzungen und eigens für die Vernetzung zuständige Gemeindemitarbeiter:innen könnten hier Abhilfe schaffen. Um die Bürger:innen zu erreichen kann neben den Printmedien der Gemeinde und Verwendung von Gemeinde-Apps auch das Teilen von Informationen über den WhatsApp-Status von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten ein hilfreiches Medium sein, da diese speziell in kleinen Gemeinden eine hohe Reichweite haben.

Potential in mehr Verbindlichkeit

Großes Potential für die Beschleunigung der Energiewende in Gemeinden besteht in der Erhöhung der Verbindlichkeit von Zielen. Richtlinien und zeitliche Rahmenbedingungen von außen, wie etwa Gesetze und Regierungsvorgaben, erhöhen die Produktivität und regen an, Klimaschutz und die Energiewende innerhalb der Gemeinde zu priorisieren. Durch die Vorgaben können Gemeinderessourcen von der Überlegung „Was sind unsere Ziele als Gemeinde?“ hin zu „Wie können wir unsere Ziele umsetzen?“ verlagert werden.

„Man kann zwar viel über Bewusstseinsbildung erreichen, aber eine gewisse Verpflichtung und eine gewisse Konsequenz von oben wird notwendig sein, um die Energiewende umzusetzen“ berichtet Michaela Ziegler, KLAR! Managerin der Region GU-Nord.

 

KEM-Regionen

Klima-und Energie-Modellregionen ist ein Programm des Klima- und Energiefonds. Teilnehmende Gemeinden erhalten einerseits finanzielle Unterstützung bei regionalen Klimaschutzprojekten und regionalem Modellregionsmanagement und andererseits Zugang zu einem breiten Netzwerk sowie exklusiven Schulungen, Unterstützungen und Förderungen. Die langfristige Vision der KEM-Regionen ist der 100% Ausstieg aus fossiler Energie.

KLAR!

Klimawandel-Anpassungsmodellregionen ist ein Förderprogramm des Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem BMK. Ziel des Programmes ist es, Regionen und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, sich auf den Klimawandel vorzubereiten, mittels Anpassungsmaßnahmen die negativen Folgen des Klimawandels zu minimieren und die sich eröffnenden Chancen zu nutzen.

Hinweis: Das Förderprogramm „Expert:innen-Pool für Gemeinden und Gemeinnützige“ hilft durch einen geförderten Einsatz von Fachleuten aus dem Bereich Klima und Energie aktuelle Hürden bei der Umsetzung von kommunalen Klima- und Energieprojekten sowie von Klima- und Energieprojekten von Gemeinnützigen abzubauen. Gemeinden und Gemeinnützige können im Rahmen dieses Programms die Beratungsdienstleistungen ausgewählter Expertinnen und Experten in Anspruch nehmen und zur Förderung einreichen.

Veröffentlicht am 12.10.2023