So gelingt die Energiewende in Gemeinden
In vielen Gemeinden gibt es einen starken Willen die Energiewende auf lokaler Ebene umzusetzen, doch in der Umsetzung gibt es immer wieder praktische Schwierigkeiten. KEM- und KLAR!-Managerinnen berichten von ihren Erfahrungen aus der Praxis und geben Tipps für den Weg zur klimafitten Gemeinde.
Gemeinden bilden das Fundament der Verwaltung und spielen eine tragende Rolle in der Realisierung der Energiewende. In vielen Gemeinden gibt es einen starken Willen, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Vielfältige Förderungen undBeratungsangebote gibt es bereits. Zum Beispiel tragen die KEM- und KLAR!-Regionen dazu bei, dass Gemeinden sich auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten und seinem Fortschreiten entgegenwirken. Dennoch liegt in vielen Gemeinden die Herausforderung in der praktischen Umsetzung der so vielschichtigen Thematik.
In der KEM- und KLAR!-Region Graz-Umgebung-Nord betreuen Mag. Marta Cociancig, KEM-Managerin, und Dr. Michaela Ziegler, KLAR!-Managerin, die Gemeinden Deutschfeistritz, Frohnleiten, Peggau, Semriach und Übelbach. Sie arbeiten intensiv an der Umsetzung der erneuerbaren Energiewende. In einem gemeinsamen Gespräch haben sie ihre Erfahrungen über die Hürden und mögliche Lösungswege im Rahmen ihrer Tätigkeit geteilt.
Personal und Zuständigkeiten
Ein Kernpunkt sind die personellen Ressourcen: Viele Gemeinde-Mitarbeiter:innen haben ein volles Arbeitspensum. Wenn nicht klar geregelt ist, wer konkret für die Umsetzung der Ziele zuständig ist, können diese oft im Alltagsgeschäft untergehen. Es passiert, dass Regionsmanger:innen, statt zu vernetzen und beratend zu unterstützen, alleine Verantwortung für das Geschehen in den individuellen Gemeinden tragen und so der Fortschritt stark beeinträchtigt wird. Einigen Gemeinden ist es gelungen, diese Hürde zu überwinden, indem sie die Betreuung der Projekte beziehungsweise die Rolle als zuständige Person in der Gemeinde in die Arbeitsbeschreibung der Mitarbeiter:innen integriert haben. So wird eine effiziente Zusammenarbeit in der Gemeinde möglich und Projekte werden schneller umgesetzt.
Energiebuchhaltung: Digitalisierung dringend notwendig
Um Entscheidungen zu Energieprojekten treffen zu können, ist es unerlässlich, den Energiebedarf zu kennen. Eine große Herausforderung dabei ist die Datenverfügbarkeit: Handschriftliche Aufzeichnungen verglichen mit digitaler Datenerfassung erhöhen den Zeitaufwand, manchmal stehen auch keine vollständigen Aufzeichnungen zur Verfügung. Durch den Einsatz von Smartmetern kann dieses Problem umgangen werden, sie bieten Übersichtlichkeit und Transparenz und somit eine gute Datenbasis für die Planung von Projekten.
Finanzierungsmöglichkeiten über Bürger:innenbeteiligung
Eine weitere knappe Ressource in Gemeinden ist das verfügbare Kapital: Ob Photovoltaik – oder Solarthermieanlagen, Windkraftwerke oder Biomassekraftwerke – um erneuerbare Energie nutzen zu können, fallen zu Beginn Investitionskosten an. Dieser Umstand übersteigt in vielen Fällen das Budget einer Gemeinde, wodurch die Projekte in eine ferne Zukunft rücken. Neben − oft kostspieligen − Krediten können auch Bürger:innen in Projekte einbezogen werden, etwa über Energiegemeinschaften. Diese bieten den Bürger:innen − speziell bei hohen Stromkosten und niedrigen Zinsen − Vorteile, da ihnen im Gegenzug zu ihrer finanziellen Investition eine im Vorhinein festgelegte Menge an Energie bereitgestellt werden kann.
Rechtliche Unklarheiten
Gemeinden, die sich dazu entschließen, Energiegemeinschaften zu gründen oder in eine Energiegemeinschaft einzutreten, finden sich oft vor neuen Fragen und Unklarheiten bezüglich Zuständigkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen wieder. Es bedarf hier einer Unterstützung von höheren Ebenen. Leitfäden oder eine Vernetzung zwischen den Gemeinden können helfen. Eine gute Möglichkeit zum Austausch bieten monatliche Gemeindestammtische, bei denen alle von den Erfahrungen der jeweils anderen lernen können.
Informationsverbreitung über viele Kanäle
Für die Projektumsetzung im Bereich des Klimaschutzes ist auch das Bewusstsein in der Bevölkerung entscheidend. Wichtig dafür ist die erfolgreiche Verbreitung von Informationen. Es treten immer wieder Schwierigkeiten bei der Informationsweitergabe an Gemeindebedienstete auf und vice versa: Interessierte Bürger:innen erfahren vom relevanten Geschehen in der Gemeinde häufig spät oder gar nicht. Monatliche Sprechstunden, digitale Aufzeichnungen der Gemeinderatssitzungen und eigens für die Vernetzung zuständige Gemeindemitarbeiter:innen könnten hier Abhilfe schaffen. Um die Bürger:innen zu erreichen kann neben den Printmedien der Gemeinde und Verwendung von Gemeinde-Apps auch das Teilen von Informationen über die soziale Medien von Gemeinderät:innen ein hilfreiches Medium sein, da diese speziell in kleinen Gemeinden eine hohe Reichweite haben.
Potential in mehr Verbindlichkeit
Großes Potential für die Beschleunigung der Energiewende in Gemeinden besteht in der Erhöhung der Verbindlichkeit von Zielen. Richtlinien und zeitliche Rahmenbedingungen von außen, wie etwa Gesetze und Regierungsvorgaben, erhöhen die Produktivität und regen an, Klimaschutz und die Energiewende innerhalb der Gemeinde zu priorisieren. Durch die Vorgaben können Gemeinderessourcen von der Überlegung „Was sind unsere Ziele als Gemeinde?“ hin zu „Wie können wir unsere Ziele umsetzen?“ verlagert werden.
Das Förderprogramm Expert:innen-Pool für Gemeinden und Gemeinnützige hilft durch einen geförderten Einsatz von Fachleuten aus dem Bereich Klima und Energie aktuelle Hürden bei der Umsetzung von kommunalen Klima- und Energieprojekten sowie von Klima- und Energieprojekten von Gemeinnützigen abzubauen. Gemeinden und Gemeinnützige können im Rahmen dieses Programms die Beratungsdienstleistungen ausgewählter Expertinnen und Experten in Anspruch nehmen und zur Förderung einreichen. Weiterlesen