Im April 2024 öffnete das österreichische Parlament zum bereits dritten Mal seine Türen für eine der wichtigsten Veranstaltungen in den Bereichen Jugend- und Klimapolitik: den Klimajugendrat. In den letzten drei Jahren hat der Klimajugendrat immer mehr junge Menschen aus ganz Österreich zusammengebracht, um ihre Ideen und Forderungen direkt mit politischen Entscheidungsträger:innen zu diskutieren.
Was war die Motivation, den Klimajugendrat ins Leben zu rufen?
Maria Lettner: Die Bewältigung der Klimakrise ist eines der größten Anliegen von jungen Menschen – das zeigen zahlreiche Umfragen und Ergebnisse aus Beteiligungsprozessen. Im Sinne der Generationengerechtigkeit geht es der BJV als gesetzlicher Interessenvertretung aller 0- bis 30-Jährigen darum, der Stimme von jungen Menschen in der Klimapolitik besser Gehör zu verschaffen und einen Dialog auf Augenhöhe zwischen Jugend und Politik zu ermöglichen. Junge Menschen sind jene, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind und sein werden – deshalb ist es wichtig, dass sie mit am Tisch sitzen, wenn Entscheidungen getroffen werden.
Heuer fand der Klimajugendrat bereits zum dritten Mal statt. Wie haben sich die Wünsche und Forderungen der Jugend verändert?
Lettner: Die Anliegen und Forderungen der jungen Menschen spiegeln die Breite und Komplexität des Klimathemas wider. Die großen Fragen, also Ernährung, Landwirtschaft, Energie, Mobilität oder Konsum, waren bisher immer stark vertreten. Immer wieder kommen aber neue inhaltliche Facetten dazu, auch weil die Teilnehmer:innen etwa aus unterschiedlichen Regionen kommen und verschiedene Rahmenbedingungen kennen. Eine Frage, die sich die Jugendlichen aber jedes Jahr wieder stellen, ist: Warum kommt die Politik nicht in die Gänge? Die jungen Teilnehmer:innen fordern mehr Tempo und mehr Mut. Junge Menschen fühlen sich – auch durch den Klimajugendrat – zwar gehört, aber sie vermissen konkrete Taten und fühlen sich deshalb in ihren Anliegen von der Politik zu wenig ernst genommen.
Wie gelingt es, dass die Anliegen der Jugendlichen tatsächlich in die politische Arbeit der Parteien einfließen?
Lettner: Wir merken, dass es zwar eine große Bereitschaft zum Dialog gibt – quer durch alle Parteien. Klar ist aber auch, dass sich manche Parteien stärker an den klimapolitischen Anliegen von jungen Menschen orientieren als andere. Die BJV trägt die Ergebnisse des Klimajugendrats an alle Parteien, relevante Institutionen und Netzwerkpartner:innen weiter und hakt auch nach, was davon umgesetzt wird.
Könnten Sie Beispiele für konkrete politische Maßnahmen nennen, die aus den Diskussionen des Klimajugendrats hervorgegangen sind?
Lettner: Konkrete Maßnahmen, die von den jungen Teilnehmer:innen erarbeitet wurden, sind ein fest integriertes, vielfältig zusammengesetztes Jugendgremium im Klimaschutzministerium, die schrittweise Anhebung des CO2-Preises auf 698 Euro pro Tonne und ein gemeinsamer, barrierefreier Eisenbahnraum in ganz Europa. Mobilität ist auch in den letzten Jahren immer eines der Hauptanliegen gewesen. Umso mehr freut es uns, dass mit der Einführung des kostenlosen Klimatickets für 18-Jährige ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt wurde.
Wo kann unsere klimaaktiv-Community den Klimajugendrat unterstützen?
Lettner: Einerseits freuen wir uns, wenn die klimaaktiv-Community die Ergebnisse des Klimajugendrats aufgreift und weiterträgt. Das kann auch bedeuten, die Perspektiven von jungen Menschen im eigenen Bereich einzubinden und zu berücksichtigen. Andererseits ist es eine große Hilfe, wenn gerade Unternehmen jungen Menschen die Teilnahme am Klimajugendrat ermöglichen, indem sie etwa ihre Lehrlinge für den entsprechenden Zeitraum freistellen. Der Klimajugendrat lebt nicht zuletzt auch davon, dass viele unterschiedliche junge Menschen zusammenkommen.
Was hat Sie persönlich in Ihrer Arbeit mit dem Klimajugendrat am meisten inspiriert oder beeindruckt?
Lettner: Wirklich inspirierend und motivierend ist es zu sehen, dass der Klimajugendrat einen Unterschied in der politischen Kultur macht. Sowohl junge Teilnehmer:innen als auch Politiker:innen sagen uns, wie sehr sie vom Austausch in dieser Form profitieren. Alle, die schon einmal bei einem Klimajugendrat dabei waren, wünschen sich mehr von solchen Dialogformaten. Das bestärkt uns sehr darin, dranzubleiben und diese Dialogkultur weiter zu fördern.
Welchen Tipp würden Sie anderen Organisationen oder Personen geben, die ähnliche Initiativen mit jungen Menschen starten möchten?
Lettner: Ganz konkret würde ich Interessierten unser Handbuch Klima.Jugend.Dialog ans Herz legen. Darin finden sich grundlegende Infos, welche Kriterien bei der Konzeption von qualitätsvoller Jugendbeteiligung zu berücksichtigen sind. In aller Kürze gesagt: Gute Beteiligungsprozesse benötigen adäquate Ressourcen, dazu zählen ausreichend Zeit und professionelle Unterstützung. Eilig und oberflächlich aufgesetzte Prozesse sollten tunlichst vermieden werden. Denn: Junge Menschen bringen selbst viel Motivation und Engagement mit und haben ein gutes Radar für ernst gemeinte Beteiligungsmöglichkeiten.