Während bei der COP 28, der UN-Klimakonferenz in Dubai, Verhandlungen laufen, arbeitet das Team des Klimavolksbegehrens an der Kommunikationslinie für das kommende Jahr. Wie dieser Prozess abläuft, was dahintersteckt, mit wem die Bürger:innenplattform zusammenarbeitet und warum die Zielgruppe „die Adaptiv-Pragmatischen“ besonders interessant ist, erklärt der Sprecher des Klimavolksbegehrens, Christian Kdolsky.
Mehr als 380.000 Österreicher:innen haben vor drei Jahren unterschrieben. Warum habt ihr euch dazu entschlossen, euch eure Zielgruppe genauer anzuschauen und die Kommunikation darauf abzustimmen?
Christian Kdolsky: Gleich nach dem Volksbegehren war unser Ziel, den Ruf nach verbindlicher Klimapolitik ins Parlament zu tragen – denn das Sammeln der Unterschriften war nur der Anfang. Das ist uns 2021 mit der Entschließung des Nationalrats auch gelungen: Das Parlament hat der Regierung den Auftrag erteilt, unsere Forderungen umzusetzen.
Seitdem hören wir in Gesprächen mit Entscheidungsträgern, dass die Bevölkerung noch nicht bereit für die Veränderung sei – aber das Gegenteil ist der Fall: Wir sehen eher, dass es der Politik noch nicht gelingt, der Bevölkerung die immensen Vorteile der Veränderung zu vermitteln.
Unser Ziel ist nun, der Politik transparent zu vermitteln, dass ihre eigenen Wähler:innen Klimaschutz wollen. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, dass Marktdaten wie Sinus-Milieus ein praxisnaher Weg sind, die Kommunikation an den Bedürfnissen von Zielgruppen auszurichten. Große Unternehmen verwenden diese Daten, und wir finden, die Klimabewegung sollte die gleichen Mittel einsetzen: Gerade jetzt braucht es im Klimaschutz Professionalität!
Ihr arbeitet mit einem Markforschungsinstitut zusammen. Welche Empfehlungen gibt es bisher und sind auch überraschende Erkenntnisse dabei?
Kdolsky: Eine Studie des Integral Instituts hat uns zu der Zielgruppe der Adaptiv-Pragmatischen geführt: Sie sind zentral für die mehrheitliche Akzeptanz von Transformationsprozessen. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Integral Institut arbeiten wir uns nun in die Welt der Zielgruppe ein. Das sind zumeist junge Paare oder Familien, die schlicht das Beste für sich und ihre Familie wollen. Es geht ihnen darum, mit dem gut auszukommen, was da ist, und Chancen zu nutzen, weiterzukommen.
Überraschend ist: Diese Zielgruppe hat große Angst vor der Klimakrise – sie sehen was passiert, und erwarten sich von der Politik praktikable Lösungen. Die Klimakommunikation scheitert mit ihren Argumenten von Moral und Wissenschaft grandios daran, das Bedürfnis der Zielgruppe nach konkretem Nutzen anzusprechen. Stattdessen greift das Verzichts- und Angstnarrativ – eine Abwärtsspirale.
Wie versucht ihr die Zielgruppe der Adaptiv-Pragmatischen zu erreichen? Was sind die nächsten Schritte?
Kdolsky: Wir werden in unserer kommenden Kampagne thematisieren, welche konkreten Vorteile die Zielgruppe von den Veränderungen hat, die uns bevorstehen. Der Alltag, der bei entsprechendem politischem Willen möglich ist, bietet sichere Jobs, günstige Energie, gute Lebensqualität und ein gesünderes Leben. Das ist eine positive Zukunft, die dem Verzichtsnarrativ die Stirn bietet.
Die Klimabewegung muss raus aus der Blase, hinein in die Online-Foren, in die Lebensrealitäten und in die Gemeinden. Wir gehen mit gutem Beispiel voran und werden gemeinsam mit Partnern dorthin gehen, wo die Zielgruppe ist. Ganz wichtig: Wir werden einen echten Dialog starten, denn die Zielgruppe möchte sich keine Lösungen vorsetzen lassen – und die Klimabewegung muss von der Bevölkerung lernen.
Was raten Sie anderen Organisationen oder Vereinen, wenn Sie sich auf diesen Prozess einlassen, ihre Zielgruppe analysieren und dann die Kommunikation darauf abstimmen.
Kdolsky: Auch wir haben lernen müssen, liebgewonnene vermeintliche Gewissheiten über Bord zu werfen. Nicht jede Person ist für wissenschaftliche Fakten empfänglich, nicht jeder lässt sich von moralischen Argumenten überzeugen. Viele Menschen haben nicht den Luxus, sich diesen Fragen zu stellen. Was uns alle vereint: Wir wollen ein besseres Leben für uns und unsere Kinder. An diesem Kern gilt es anzusetzen und in der Sprache des Gegenübers zu sprechen.
Die Klimabewegung muss professioneller in der Kommunikation werden und diese an die Adressaten anpassen. Es geht nicht darum, was wir selbst für richtig empfinden, sondern was die Marktdaten sagen, und was wir in direkten Gesprächen von der Zielgruppe lernen.
Wir suchen Partner, die diesen Weg mit uns gehen wollen. Wir müssen gemeinsam Klimaschutz zum Mainstream machen, denn es geht um unsere gemeinsame Zukunft.