© GÖG

Zwei Fliegen mit einer Klappe: Wie Klimaschutz unsere Gesundheit verbessert

Ilonka Horváth, stellvertretende Abteilungsleiterin „Klimaresilienz und One Health“ im Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit, zeigt im Interview auf, warum Gesundheit und Klimapolitik eng verknüpft sind, welche Personengruppen für Veränderungen besonders offen sind und wie Klimaparameter in die österreichischen Ernährungsempfehlungen einfließen.

© GÖG

Im Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit steht die Public-Health-Perspektive im Mittelpunkt. Was versteht man darunter und was verbindet diese mit dem Klima-Thema?

Public Health betrachtet die Gesundheit der Bevölkerung im Kontext gesellschaftlicher, ökologischer und sozialer Faktoren. Dabei geht es nicht nur um die Behandlung von Krankheiten, sondern auch um Prävention, Gesundheitsförderung und die Schaffung gesunder Lebensbedingungen. Klimafreundliche Maßnahmen haben oft unmittelbare und langfristige Vorteile für die Gesundheit: Sie verbessern beispielsweise die Luftqualität, fördern aktive Mobilität und tragen dazu bei, soziale Ungleichheiten abzubauen. Besonders wichtig ist es, die Verteilungsfrage zu berücksichtigen - also sicherzustellen, dass auch sozial benachteiligte Gruppen oder Menschen mit gesundheitlichen Vorbelastungen von den Maßnahmen profitieren. Die Public Health Perspektive hilft uns, Klimapolitik so zu gestalten, dass sie nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch sozial gerecht und gesundheitsförderlich ist.

Wie können die gesundheitlichen Vorteile dieser Maßnahmen sichtbar und messbar gemacht werden, um ihre Bedeutung besser zu kommunizieren?

Die gute Nachricht vorweg: Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2023 zeigt, dass für rund zwei Drittel der Befragten der gesundheitliche Zusatznutzen eine wichtige Motivation ist, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies betrifft vor allem die Veränderung von Mobilitäts- und Ernährungsgewohnheiten. Für diese Themen sind vor allem die 16- bis 24-Jährigen und die über 65-Jährigen erreichbar. Frauen sind leichter für eine nachhaltige Ernährung zu motivieren als Männer.

Wenn es gelingt, öffentliche Räume so zu gestalten, dass sich Menschen gerne darin aufhalten, ist auch der gesundheitliche Nutzen hoch. In Wien sind die Kinderbäder in den dicht besiedelten Gebieten ein sehr gutes Beispiel dafür. Am Beispiel der Grün- und Blauflächengestaltung bedeutet dies, dass immer mehrere Ebenen berücksichtigt werden sollten. Zum einen die Qualität der Grünräume - dazu gehören Fragen wie: "Wie gepflegt ist die Fläche?", aber auch "Wie ist das Sicherheitsgefühl?" oder "Wie gut ist die Infrastruktur: Gibt es zum Beispiel Toiletten?". Auch soziale Fragen müssen immer berücksichtigt werden: Für wen ist die Grünanlage gedacht? Welche Bevölkerungsgruppen wohnen in der Umgebung? Wie mobil sind diese Menschen?

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, in dem eine solche Maßnahme einen deutlichen gesundheitlichen Nutzen gebracht hat und wie können diese Erfahrungen auf andere Projekte übertragen werden?

Ein sehr gutes Beispiel ist die Verbesserung der Luftqualität in städtischen Gebieten durch den Ausbau von Grünflächen und die Förderung des Fuß- und Radverkehrs. Dies wirkt sich direkt positiv auf die Gesundheit der Menschen aus, zum Beispiel auf das Auftreten von Atemwegserkrankungen und Allergien. Grün- und Blauräume entschärfen auch Hitzeinseln in dicht bebauten Städten. Hier werden zunehmend Maßnahmen umgesetzt. Wichtig ist, dass diese die Lebens- und Aufenthaltsqualität und die Gesundheit der Bevölkerung verbessern.

Der Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit zeigt sich auch in der aktuellen Überarbeitung der österreichischen Ernährungsempfehlungen. Erstmals werden Landnutzung und CO2-Äquivalente als Umwelt- und Klimaparameter in das Berechnungsmodell integriert. Hülsenfrüchte werden in Zukunft eine größere Rolle spielen und es gibt erstmals eine vegetarische Ernährungsempfehlung. 

Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsberufe genießen in der Gesellschaft großes Vertrauen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, sie stärker in die Kommunikation des gesundheitlichen Nutzens einzubeziehen?

Diese Personengruppen spielen eine zentrale Rolle in der Kommunikation. Sie genießen nicht nur hohes Vertrauen, sondern sind auch glaubwürdige Stimmen, wenn es darum geht, den gesundheitlichen Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen zu vermitteln. Auch hier gibt es eine gute Nachricht: In den Gesundheitsberufen gibt es ein großes Interesse am Thema Klima. Für sie haben wir zum einen ein Handbuch zur Stärkung der Klimakompetenz entwickelt, zum anderen bilden wir Lehrende der Gesundheitsberufe an Fachhochschulen und Universitäten in genau diesem Bereich aus - das Interesse an diesem Train-the-Trainer Lehrgang zur Klimakompetenz ist erfreulich groß.

Gerade auf lokaler Ebene gibt es in den Gemeinden und Unternehmen viele Kommunikator:innen und Gesundheitsexpert:innen. Diese beiden Gruppen gilt es besser zu vernetzen, für die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Klima zu sensibilisieren und ihr Potenzial zu nutzen. Gemeinsam mit dem Fonds Gesundes Österreich haben wir ein Schulungsmodul zum gesundheitlichen Nutzen von Aktiver Mobilität für Gemeinden und Tourismusbetriebe entwickelt. Der Vorteil ist, dass es bereits einige Netzwerke und Strukturen genau in diese Richtung gibt. Im Gesundheitsbereich bieten sich Anknüpfungspunkte mit dem „Netzwerk Gesunde Gemeinden", dem „Netzwerk Gesunde Städte“ oder im Rahmen der "Betrieblichen Gesundheitsförderung". Im Klimabereich sind zum Beispiel das "Betriebliche Mobilitätsmanagement“, aber auch die Klimawandel-Anpassungs-Modellregionen zu nennen.

Wie können Klimakommunikator:innen in Gemeinden, Unternehmen oder Organisationen den gesundheitlichen Nutzen effektiver kommunizieren, um die Öffentlichkeit zu überzeugen? 

Für Gemeinden oder Regionen haben wir ein Tool entwickelt, den "Klimaresilienz-Check (KLIC) Gesundheit 2050 für Gemeinden und Regionen". Er bietet regionalen Entscheidungsträger:innen die Möglichkeit, gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort notwendige Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu erarbeiten - mit dem Ziel, die Gesundheit nachhaltig zu fördern. Die Umsetzung des KLIC Gesundheit ist oft ein initiales Moment, dass Akteur:innen aus dem Bereich Klima und Gesundheit gemeinsam Perspektiven und Maßnahmen gestalten.
  
Kommunikator:innen können den gesundheitlichen Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen besonders durch Geschichten und konkrete Beispiele greifbar machen. Dabei sollten vor allem positive Aspekte und greifbare Vorteile wie bessere Luftqualität, weniger Lärmemissionen und mehr Lebensqualität durch grüne Stadtentwicklung hervorgehoben werden.