
Ziele, Chancen und Herausforderungen
Klimakommunikation ist ein Schlüssel, um Veränderungen zu gestalten. Ihre Wirkung entfaltet sich dort, wo konkrete Teilziele und Aufgaben definiert, Chancen erkannt und Herausforderungen aktiv angegangen werden.

Das sollten Sie wissen
Jede Story ist eine Klimastory
Die Klimakrise ist weit mehr als ein Umweltproblem. Sie betrifft viele Aspekte unseres Lebens und unserer Gesellschaft und kann als eine Dimension dieser Themen vermittelt werden.
Wir haben viel erreicht
Wir stehen beim Klimaschutz nicht am Anfang. Es gilt, Good Practice und bereits Erreichtes sichtbar zu machen.
Klimaschutz bringt Vorteile
Die meisten Klimaschutzmaßnahmen bieten auch über die CO2-Reduktion hinaus zahlreiche Vorteile. Diese Co-Benefits sind oft überzeugender als das Klimaschutzargument.
Schützen, was wir lieben
Beim Klimaschutz geht es nicht (nur) darum, klimaschädliche Verhaltensweisen zu unterlassen. Vielmehr wollen wir unsere Lebensgrundlagen und die Menschen, die wir lieben, schützen und bewahren und den Wandel aktiv gestalten.
Als Klimakommunikator:innen möchten wir viel erreichen: Unsere Abhängigkeit von Erdöl, Kohle und Erdgas beenden, klimaneutral werden, das Klima stabilisieren und unsere Lebensgrundlagen erhalten. Um angesichts dieser hehren Ziele nicht in Ohnmacht zu verfallen, ist es für die Klimakommunikation wichtig, konkrete und realistische Zwischenziele zu definieren. Wir müssen darüber nachdenken, was wir erreichen können und wollen.
Aufmerksamkeit erregen
Damit die Klimakrise die ihr gebührende Priorität erhält, muss das Thema in der Öffentlichkeit präsent sein. Sonst fehlt der Druck auf Politik und Wirtschaft, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Klimakommunikator:innen haben also die Aufgabe, Aufmerksamkeit und Interesse für das Thema zu wecken.
Die Herausforderung besteht darin, dass die Klimakrise ein langfristiges Problem ist und daher schlecht in die kurzlebigen Aufmerksamkeitszyklen von Medien und Menschen passt. Außerdem hat sie wenig Neuigkeitswert: Expert:innen warnen seit Jahrzehnten vor ihren Folgen und Gefahren. Auch Nachrichten über Extremwetter geistern schon lange durch die Medien. So wie wir uns an die Warnungen gewöhnt haben, lassen uns die Schreckensmeldungen über die Folgen zunehmend abstumpfen. Sie können uns zwar kurzfristig emotional ansprechen und beunruhigen, aber dann wenden wir uns wieder anderen Themen zu. Klimakommunikation ist also ein Marathon, der einen langen Atem, viel Kreativität und immer wieder neue Impulse und Formate braucht.
Tipp:
Anlässe für Klimakommunikation bieten beispielsweise Aktionstage, Themenwochen, Fortschritte und Innovationen beim Klimaschutz, extreme Wetterereignisse, internationale und nationale Beschlüsse zum Klimaschutz oder zivilgesellschaftliche Kampagnen. Bei der Entwicklung innovativer Formate und Aktivitäten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt - Klimawandel und Klimaschutz können auch durch Gamification, Satire, Experimente, Filme, Kurz-Videos auf Social Media, Kunstveranstaltungen, Ausstellungen, Beteiligungsprojekte, Literatur, Bilder und Musik vermittelt werden. Eine Fundgrube für innovative Ideen ist der „K3-Preis für Klimakommunikation“, der 2021 ins Leben gerufen wurde, um herausragende Klimakommunikationsprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz auszuzeichnen.
Wissen vermitteln
Klimakommunikation soll eine konstruktive öffentliche Debatte über den Umgang mit der Klimakrise ermöglichen. Voraussetzung dafür ist das Problembewusstsein aller Beteiligten und die Kenntnis der relevanten Hebel im Klimaschutz. Die wichtigsten Fakten zur Klimakrise wurden von Anthony Leiserowitz auf den Punkt gebracht:
„It’s real. It’s us. It’s bad. Experts agree. There’s hope.”

Lösungswissen sollte dabei im Vordergrund stehen: Problembewusstsein allein schafft noch keinen Konsens darüber, wie wir als Gesellschaft auf die Klimakrise reagieren sollen. Dies ist umso wichtiger, als es keine „Wunderwaffe“ gibt, die die Menschheit vor der Klimakatastrophe retten kann. Oft betonen die Gegner:innen die Nachteile klimafreundlicher Technologien. Sie argumentieren, dass diese nur dann eingesetzt werden sollten, wenn sie keine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Solche Einwände werden gerne als Ausrede benutzt, um sich aus der Verantwortung zu stehlen und nicht selbst für den Klimaschutz aktiv werden zu müssen. Wir sollen warten, bis noch bessere und sauberere Technologien zur Verfügung stehen, so die Logik.
Um unrealistische Erwartungen und Wunschdenken einzudämmen, sollte Klimakommunikation ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir über unvollkommene Klimaschutzmaßnahmen und Zielkonflikte verhandeln müssen. Auch müssen die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit zusammen gedacht werden.

Zusammenhänge aufzeigen
Die Klimakrise ist nicht die einzige Herausforderung, der wir uns als Gesellschaft stellen müssen. Aber als globales, abstraktes und langfristiges Problem verliert sie oft im Wettbewerb um öffentliche Aufmerksamkeit: Wir nehmen die Klimakrise selten als akut wahr und haben nicht das Gefühl, mit unserem Handeln im Klimaschutz etwas zu bewirken. Deshalb widmen wir uns lieber anderen Themen, die uns scheinbar unmittelbarer betreffen.
Damit Klimawandel und Klimaschutz nicht in den Hintergrund treten, können Kommunikator:innen Zusammenhänge zwischen der Klimakrise und anderen Themen aufzeigen. Es geht nicht darum, Klimawandel und Klimaschutz in der Prioritätenliste nach oben zu schieben. Stattdessen können wir aufzuzeigen, welche Chancen und Risiken Klimawandel und Klimaschutz für bestehende Prioritäten bieten. Klimaschutz kann so als „Dimension“ jedes Themas vermittelt werden.
Dabei ist es kommunikativ von Vorteil, dass die Klimakrise weit mehr ist als ein Umweltproblem. Sie betrifft viele Aspekte unseres Lebens und unserer Gesellschaft: Unsere Gesundheit, die nationale Sicherheit, den Wirtschaftsstandort, die Wasser- und Lebensmittelversorgung bis hin zum kulturellen Erbe Österreichs. Ebenso können verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft auf unterschiedliche Weise zum Klimaschutz beitragen. Zudem bieten die meisten Klimaschutzmaßnahmen über die CO2-Reduktion hinaus die Chance, bestehende Probleme und Herausforderungen zu verbessern oder sogar zu lösen: Sie schaffen saubere Luft, bessere Gesundheit, Sicherheit, Unabhängigkeit, lokale Wertschöpfung, Lebensqualität und vieles mehr. Diese sogenannten Co-Benefits sind kommunikativ oft überzeugender als das abstrakte Prinzip des Klimaschutzes.
Tipp:
Fundiertes Klimawissen kann je nach Zielgruppe über eine Vielzahl von lebensnahen Themen wie Wohnen, Kochen, Sport, Gesundheit, Geldanlage, Technik, Urlaub, Mobilität, Mode oder Kultur vermittelt werden.
Erfolge sichtbar machen und Selbstwirksamkeit stärken
Engagement für den Klimaschutz kann anstrengend sein. Klimafreundliches Handeln und Engagement wird selten mit positivem Feedback belohnt, Fortschritte sind kaum sichtbar, Schreckensmeldungen dominieren die Nachrichten. Da ist es verständlich, dass sich bei den Menschen eine gewisse Krisenmüdigkeit einstellt.
Für Klimakommunikator:innen ist es daher wichtig, nicht nur neue Zielgruppen anzusprechen. Auch die Gruppe der bereits Erreichten muss immer wieder neu motiviert und gestärkt werden. Dies kann zum einen gelingen, indem sich die Kommunikation stärker auf das Positive konzentriert, das es zu berichten gibt: Wo stehen wir heute in Sachen Klimaschutz? Was haben wir bereits erreicht? Worauf können wir aufbauen?
Tatsächlich hat sich schon viel getan: Die Betroffenheit und die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen sind hoch. Und auch wenn es noch nicht reicht - die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen haben bereits eine katastrophale Erwärmung der Atmosphäre um mehr als 4 Grad verhindert. Dennoch haben viele Menschen das Gefühl, dass wir beim Klimaschutz wieder bei Null anfangen und sie mit ihren Klimasorgen alleine sind.
Darüber hinaus sollten wir die Resilienz und Selbstwirksamkeit bei uns und unseren Zielgruppen gezielt stärken. Dazu gehört, aktiv auf die Menschen zuzugehen und ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Dilemmata zu haben. Selbstwirksamkeit erleben wir z.B. in Gruppen, wenn wir uns realistische Ziele setzen und gemeinsam daran arbeiten.
Scheinklimaschutz entlarven und auf mehr Anstrengungen pochen
Über die Notwendigkeit des Klimaschutzes besteht zumindest offiziell Konsens: Die Staaten der Welt haben sich 2015 auf das Pariser Klimaschutzziel verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Dennoch werden Klimaschutzmaßnahmen nicht schnell genug umgesetzt, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. Ohne die generelle Notwendigkeit des Klimaschutzes in Frage zu stellen, nutzen Entscheidungsträger:innen Verzögerungstaktiken als Ausrede, um nicht aktiv werden zu müssen. Sie betonen die Nachteile des Klimaschutzes, schieben die Verantwortung von sich, propagieren zu schwache Maßnahmen oder kapitulieren vorzeitig.
Klimakommunikator:innen stehen folglich vor einer schwierigen Gradwanderung. Einerseits müssen sie Teilerfolge und Ambitionen würdigen. Andererseits müssen sie Scheinklimaschutz und Verzögerungsargumente entlarven und auf verstärkte Anstrengungen drängen. Als Herausforderung erweist sich hierbei, dass die genannten Verzögerungsargumente einen wahren Kern haben und daher besonders eingängig und überzeugend wirken. Darüber hinaus ist die Diskussion über Klimaschutzmaßnahmen häufig sehr technisch geprägt. Es ist daher erhebliches Fachwissen erforderlich, um wirksame Maßnahmen von weniger wirksamen Maßnahmen, also Scheinklimaschutz, zu unterscheiden.
Dringlichkeit vermitteln
Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen haben bereits eine katastrophale Erwärmung um mehr als 4 Grad Celsius verhindert, aber selbst eine um 3 Grad wärmere Welt wäre eine völlig andere als die, die wir heute kennen. Mit zunehmender Erwärmung steigt auch die Gefahr, dass Kipp-Punkte im Klimasystem überschritten werden und sich der Klimawandel verselbstständigt und beschleunigt. Das Absterben des Amazonas-Regenwaldes, das Versiegen wichtiger Meeresströmungen, das Auftauen der Permafrostböden und das Abschmelzen des Polareises könnten abrupt und unkontrollierbar zu massiven Veränderungen führen.
Warnungen vor den Gefahren der Klimakrise haben ihre Berechtigung, gleichzeitig sollten sich Kommunikator:innen bewusst sein, dass sie Angst, Hilflosigkeit und Ohnmacht auslösen - allesamt keine Gefühle, die langfristig zum Handeln motivieren. Wenn erschreckende Fakten kommuniziert werden, sollten daher immer konkrete und relevante Handlungsoptionen oder erfolgreiche Klimaschutzinitiativen aufgezeigt werden.

Menschen aktivieren
Damit klimafreundliches Verhalten zur Norm wird, müssen die Strukturen unserer Gesellschaft nachhaltig gestaltet werden. Klimaschutz ist daher weit mehr als eine individuelle Aufgabe, sondern erfordert das Engagement und die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Akteure. Damit Politik und Wirtschaft die notwendigen Maßnahmen ergreifen, bedarf es eines so genannten gesellschaftlichen Mandats für Klimaschutzmaßnahmen. Dies bedeutet, dass Klimaschutzmaßnahmen von der Bevölkerung akzeptiert werden und die Bevölkerung Klimaschutz aktiv einfordert.
Klimakommunikation zielt daher darauf ab, Menschen zu aktivieren, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Eine Herausforderung dabei ist, dass Klimaschutz lange Zeit als individuelle Aufgabe und moralisierend kommuniziert wurde. Diskussionen um das Thema sind häufig von Schuld und Scham geprägt, Menschen fühlen sich bei der Thematisierung leicht persönlich angegriffen und für ihren Lebensstil kritisiert.
Die Fokussierung auf den Fußabdruck hat auch dazu geführt, dass viele Menschen relevante Stellschrauben für den Klimaschutz nicht im Blick haben und eher weniger effektive Handlungen wie Müll trennen oder Licht ausschalten mit Klimaschutz assoziieren. Klimaschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen und zu kommunizieren, bietet daher die Chance, sich auf die relevanten Hebel zu konzentrieren und individuelle Schuldzuweisungen und Klein-Klein zu vermeiden.
Tipp:
Ein motivierendes Konzept ist hier der „Handabdruck“: Statt nur zu versuchen, unseren negativen Einfluss auf Umwelt und Klima zu verringern, können wir in unserem Einflussbereich nachhaltige Strukturen schaffen, die es auch anderen Menschen leichter machen, sich klimafreundlich zu verhalten.
Mut zur Veränderung machen
Damit sich unser Klima wieder stabilisieren kann, müssen wir unsere Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig umgestalten. Klimaschutzmaßnahmen erfordern daher zwangsläufig zahlreiche Veränderungen des Status quo. Obwohl viele dieser Veränderungen klare Vorteile bringen, stoßen sie manchmal auf starken Gegenwind. Das hat damit zu tun, dass Menschen Veränderungen als anstrengend empfinden und uns Routinen und Bekanntes Sicherheit geben. Gerade beim Klimaschutz, bei dem viele Menschen vor allem an Verzicht denken und einen sozialen Abstieg befürchten, kann es daher eine Herausforderung sein, Veränderungsbereitschaft und Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen.
Klimakommunikation hat daher die wichtige Aufgabe, die Menschen bei ihren Sorgen abzuholen und darauf zu achten, dass sich niemand abgehängt fühlt. Eine Chance bieten hier Beteiligungsformate, die zum Mitmachen einladen und einen geschützten Rahmen für das Aushandeln von Veränderungen bieten.
Zudem müssen Alternativen zur Verzichtsdebatte geschaffen werden. Beim Klimaschutz geht es nicht (nur) darum, klimaschädliche Verhaltensweisen zu unterlassen. Vielmehr wollen wir unsere Lebensgrundlagen und die Menschen, die wir lieben, schützen und bewahren und den Wandel aktiv gestalten.