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Mensch betrachtet eine Tafel, auf der mit Kreide Fragezeichen gemalt sind.

Die Psychologie der Klimakrise

Die Klimakrise ist eine tiefgreifende psychologische Herausforderung, da sie uns Menschen auf emotionaler und kognitiver Ebene betrifft. Um die Gefahren der Klimakrise und die Notwendigkeit des Klimaschutzes erfolgreich zu kommunizieren, ist es entscheidend, die psychologischen Dimensionen der Klimakrise zu verstehen.

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Mensch betrachtet eine Tafel, auf der mit Kreide Fragezeichen gemalt sind.

Die emotionalen Folgen der Klimakrise

Die Klimakrise stellt uns vor tiefe emotionale Herausforderungen. Sie bedroht Grundbedürfnisse wie Sicherheit und Identität und löst oft unangenehme Gefühle wie Angst, Trauer, Wut oder Resignation aus. Diese Emotionen sind berechtigt, können aber lähmend wirken und unsere psychische Gesundheit belasten. Vor allem junge Menschen machen sich große Sorgen um ihre Zukunft. 

Neben unangenehmen Gefühlen wie Ohnmacht können bedrohliche Informationen weitere unerwünschte Nebenwirkungen haben: Anstatt direkt auf die Bedrohung durch die Klimakrise zu reagieren, zeigen Menschen oft symbolische Reaktionen, die eigentlich nichts mit der Klimakrise zu tun haben, wie zum Beispiel einen verstärkten Ethnozentrismus - so kann die Klimakrise bei Menschen Fremdenfeindlichkeit auslösen. 

Hinzu kommt, dass viele Menschen angesichts der Klimakrise in kognitive Dissonanzen verstrickt sind: Wir leben nach wie vor in einem System, in dem die Infrastruktur klimaschädliches Verhalten begünstigt und dieses nicht nur als gesellschaftliche Norm, sondern auch als erstrebenswert gilt. Dies führt zu widersprüchlichen Gefühlen, Überzeugungen und Dilemmata bei den Menschen und zu einer Diskrepanz zwischen unserem Wissen, unseren Werten und unserem Verhalten. Da es schwierig ist, diese Widersprüche und Dilemmata aufzulösen, flüchten wir uns in Abwehrreaktionen wie Verdrängung, Wunschdenken, Verleugnung, Fatalismus, Abschieben der Verantwortung und Aufschieben des Handelns.

Um klimafreundliches Handeln zu fördern und psychische Belastungen zu minimieren, ist es daher wichtig, Menschen zu helfen, die Klimakrise emotional zu verarbeiten, Resilienz zu stärken. 

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Psychologische Barrieren 

Lange Zeit hofften Klimawissenschaftler:innen, dass die Menschen - sobald sie ausreichend über die Gefahren der Klimakrise informiert sind - ihr Verhalten entsprechend ändern und klimafreundlicher gestalten würden. Doch oft stimmt unser Wissen nicht mit unserem Verhalten überein. 

Die Umweltpsychologie bietet daher ein differenzierteres Verständnis der Faktoren, die menschliches Denken und Handeln beeinflussen. Dazu gehören neben unseren individuellen Möglichkeiten und Handlungsspielräumen auch unsere Werte, unser Selbst- und Weltbild, unsere Emotionen und die sozialen Normen der Gruppen, denen wir uns zugehörig fühlen. So hängt es stark von unserem Weltbild ab, welches Wissen wir akzeptieren: Wir Menschen suchen aktiv nach Informationen, die unsere Überzeugungen bestätigen, während wir gleichzeitig unangenehme Wahrheiten ignorieren, wenn sie unser Welt- oder Selbstbild in Frage stellen. Dies kann dazu führen, dass Menschen die Klimakrise „übersehen“, wenn sie keinen Bezug zu ihrer eigenen Lebensrealität erkennen und sich in ihren Wertvorstellungen nicht angesprochen fühlen. 

Auch sonst tut sich unser Gehirn schwer, mit einer existenziellen Bedrohung wie der Klimakrise angemessen umzugehen. So ist uns Menschen intuitiv die Gegenwart wichtiger als die Zukunft, und Verluste wiegen schwerer als Gewinne. Wenn wir nicht das Gefühl haben, dass unser Handeln tatsächlich etwas bewirken kann, neigen wir dazu, unsere Angst zu verdrängen, anstatt etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. Zudem ist unsere Risikowahrnehmung sehr subjektiv: Wir fürchten uns eher vor Gefahren, die plötzlich auftreten, von einem konkreten Feind ausgehen und über die viel gesprochen wird. Die Klimakrise als sich langsam verändernde Bedrohung, die zudem schon lange bekannt ist, löst daher nicht automatisch ein Risikoempfinden aus.

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Schlüsse für die Klimakommunikation 

Diese Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise, wie die Gefahren des Klimawandels und die Bedeutung des Klimaschutzes effektiver kommuniziert werden können. Wenn wir Menschen für den Klimaschutz gewinnen oder zum Handeln motivieren wollen, müssen wir konkret an der Lebenswirklichkeit der Zielgruppe anknüpfen, ihre Werte ansprechen und klimafreundliche Normen aufzeigen, mit denen sich die Gruppe identifizieren kann. Daher ist es wichtig, Klimaschutzinitiativen und klimafreundliches Verhalten sichtbar zu machen.

Und auch wenn es wichtig ist, dass Klimakommunikator:innen ein Problembewusstsein für die Gefahren des Klimawandels und die Dringlichkeit ambitionierter Maßnahmen schaffen, sollten sich Kommunikator:innen gut überlegen, welche Gefühle sie mit ihren Botschaften auslösen. Angstmachende Botschaften sollten vorsichtig dosiert und immer mit konkreten Handlungsmöglichkeiten verknüpft werden, damit sie keine Ohnmachtsgefühle auslösen. 

Die psychologische Betrachtung der Klimakrise zeigt, dass es beim Klimaschutz nicht nur um Technologien oder politische Rahmenbedingungen geht, sondern auch darum, wie Menschen denken, fühlen und handeln. Nur wenn wir diese inneren Dynamiken verstehen, können wir Klimakommunikation so gestalten, dass wir Menschen für den Klimaschutz gewinnen und unsere Zielgruppen dort abholen, wo sie stehen.